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Übereilte Weichenstellungen vermeiden: Zukunftsdebatte vor CO2-Speicherung

Archivmeldung vom 07.05.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 07.05.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das geplante Gesetz zur CO2-Speicherung kommentiert der SRU-Vorsitzende, Prof. Dr. Martin Faulstich: "Wir warnen vor übereilten Weichenstellungen. Die Anwendung von CCS im großen Maßstab kann derzeit nicht befriedigend geregelt werden. Das Gesetz würde dazu führen, dass die begrenzten unterirdischen Speicher durch das eingelagerte CO2 langfristig blockiert werden. Wir brauchen diese Speicher in Zukunft aber auch für andere Zwecke, etwa den Ausbau erneuerbarer Energien."

Der SRU plädiert für ein Forschungsgesetz, das nur die Erprobung von CCS ermöglicht. Bevor grundsätzlich über die Zukunft der Energieversorgung entschieden wird, muss Zeit für eine breite gesellschaftliche Debatte sein. Die Bundesregierung hat am 1. April 2009 einen Gesetzentwurf zur Regelung der Abscheidung, des Transports und dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage, CCS) im Kabinett beschlossen. Anlässlich der heutigen ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag stellt der SRU seine Stellungnahme zu CCS vor. Der Gesetzentwurf soll noch vor dem Ende der Legislaturperiode verabschiedet werden. Angesichts der gesellschaftlichen Relevanz des Gesetzes hält der SRU diese Eile für nicht angemessen. Er plädiert dafür, zunächst nur die Erprobung von CCS durch ein Forschungsgesetz zu ermöglichen.

Viele Fragen im Zusammenhang mit CCS sind bislang ungeklärt. Noch ist offen, ob es sinnvoll ist, in Deutschland CO2 unterirdisch zu lagern. Die Speicherkapazitäten für das Kohlendioxid sind begrenzt. Konkurrenzen um die Nutzung der unterirdischen Räume zeichnen sich zwar bereits ab, zukünftige Konflikte können aber nach dem heutigen Wissensstand noch nicht hinreichend bewertet werden. Durch die Lagerung von CO2 würden große Teile der unterirdischen Erdschichten für immer blockiert.

Auch die ökologischen Risiken der Lagerung von CO2 sind noch weitgehend unerforscht. Es bestehen außerdem berechtigte Zweifel, ob es sich bei CCS im Vergleich zu anderen Klimaschutzoptionen um eine kosteneffiziente Lösung handelt.

Angesichts dieser Unsicherheiten kann ein CCS-Gesetz heute und voraussichtlich auch in den kommenden Jahren keinen angemessenen Ordnungsrahmen für die kommerzielle Anwendung von CCS schaffen. Dies gilt vor allem für die strategische und langfristige Abwägung möglicher Nutzungskonflikte. Zudem werden die zu erwartenden Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung unterschätzt.

Die Entscheidung über die Nutzung unterirdischer Erdschichten ist wegweisend für die künftige Entwicklung des Energieversorgungssystems in Deutschland. Verschiedene Nutzungen wie CO2-Speicherung, Geothermie, Druckluft- und Gasspeicherung können sich gegenseitig ausschließen. Um einen gefährlichen Klimawandel von mehr als 2°C Temperaturerhöhung zu vermeiden, kann es darüber hinaus zukünftig nötig werden, der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Solche "negativen Emissionen" können durch die Kombination von Energieerzeugung aus Biomasse mit CCS erreicht werden. Hierfür müssen Speicher freigehalten werden.

Das vom SRU vorgeschlagene Forschungsgesetz sollte deshalb zunächst nur eine begrenzte Zahl von Demonstrationsprojekten für die CO2-Einlagerung in saline Aquifere mit begrenzter Speicherkapazität zulassen. Durch entsprechende Begleitforschung können dann Erkenntnisse über das Verhalten von CO2 und die Möglichkeiten und Risiken der Lagerung gewonnen werden.

CCS wird auf verschiedenen Ebenen durch öffentliche Mittel gefördert. Der vorliegende Gesetzentwurf birgt das Risiko, dass die Betreiber von CCS-Anlagen und Kohlendioxidspeichern auch indirekt subventioniert werden. Der Zugang zu der begrenzten Ressource "Speicherkapazität" wird kostenfrei gewährt, die Haftung der Betreiber für Schäden und Risiken dagegen wird zeitlich und im Umfang begrenzt. Der mögliche Übergang der Verantwortung bereits dreißig Jahre nach Stilllegung eines Speichers verlagert die Langzeitkosten auf die betroffenen Bundesländer insbesondere im Norden und Osten Deutschlands. Dies alles schafft ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile gegenüber konkurrierenden Klimaschutzoptionen. Aus Sicht des SRU sollten die Verursacher von Kohlendioxid die vollen Kosten der Lagerung tragen.

Über die Anwendung von CCS sollte in einem transparenten politischen und gesellschaftlichen Prozess und nach Abschätzung der langfristigen ökologischen und ökonomischen Folgen entschieden werden. Angesichts der Bedeutung dieser Weichenstellungen für die langfristige Entwicklung der Stromversorgung in Deutschland muss Zeit für gründliche Diskussion und Abwägung sein.

Quelle: SRU

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