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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Fall Kachelmann

Archivmeldung vom 26.03.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.03.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Fall Kachelmann - ganz Deutschland diskutiert scheinbar nur noch über ein einziges Thema. Hat der Wettermann seine Ex-Freundin vergewaltigt oder nicht? Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. »Hast Du schon gehört, der Kachelmann aus dem Fernsehen soll seine ehemalige Partnerin vergewaltigt haben«.

Solche und ähnliche Sätze fielen an fast jeder Straßenecke. Und blitzschnell bildeten sich Menschen eine Meinung. Sie diskutierten fleißig mit, ohne den Fall überhaupt beurteilen zu können und ohne diejenigen, um die es geht - also Kachelmann selbst und seine Ex-Freundin - als Menschen zu kennen. Manche spielten den Richter und sagten entweder: »Dieser Schuft, warum hat er das bloß getan«? Oder sie sagten: »Die Ex-Freundin will sich doch nur rächen, weil er sie vielleicht verlassen hat. Die ist doch nur scharf auf sein Geld.« Dazwischen gibt es häufig nichts. Vier Tage sind die Vergewaltigungsvorwürfe nunmehr öffentlich bekannt. Und ganz unabhängig davon, ob sie der Wahrheit entsprechen oder nicht, wirft der Fall folgende Frage auf: Was ist der Gesellschaft wichtig und was nicht? Die Frage wird man so leicht nicht beantworten können. Aber es scheint zumindest so zu sein, dass einem Teil der Bevölkerung der »Fall Kachelmann« tatsächlich wichtig ist. Denn hier geht um ja um einen Prominenten, in dessen Privatsphäre man »endlich einmal« hineinblicken kann. Immerhin ist es ja »unser Wettermann« - »unser Wetterfrosch« -, der uns immer so kompetent und sympathisch erzählt, ob es morgen regnet oder die Sonne scheint. Über solch einen Promi etwas Privates zu erfahren - das ist natürlich besonders reizvoll. Wie gehen die Medien mit dem Thema um? Muss über den Fall Kachelmann überhaupt berichtet werden? Antwort: Ja. Aber die Frage ist, wie Medien es tun. Einige glauben, dass den Menschen das Thema offenbar so wichtig ist, dass Sondersendungen ausgestrahlt und Sonderseiten gedruckt werden. Und natürlich darf »das Thema« ganz groß auf keiner Titelseite in Deutschland fehlen. Sicher gibt es schon jetzt Anfragen von Talkshow-Machern, die sich - sollte der Wetterfachmann auf freien Fuß kommen - um das »allererste« Interview bemühen, koste es was es wolle. Was ist uns wichtig? Fakt ist, dass einem Mann, der sein Geld mit Meteorologie verdient und regelmäßig im Fernsehen zu sehen ist, vorgeworfen wird, eine schwere Straftat begangen zu haben. Sollte es zur Anklage kommen, wird der Richter darüber entscheiden, ob und wie Kachelmann zu bestrafen ist. Nicht mehr und auch nicht weniger. Was ist uns wichtig? Was ist mir persönlich wichtig? Diese Fragen kann jeder nur für sich selbst beantworten. Machen Sie den Test: Halten Sie einen Moment lang inne und stellen sich selbst folgende Frage: Was ist mir wirklich wichtig? Vermutlich kommt der Name Kachelmann in ihrer Antwort nicht vor.

Quelle: Westfalen-Blatt

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