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Börsen-Zeitung: Zweite Heimat

Archivmeldung vom 05.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Osteuropa soll für die Commerzbank zur zweiten Heimat werden. Das ist die Logik hinter der Bündelung der regionalen Aktivitäten in einer Holding, die künftig als eigenständiges Segment gleichberechtigt neben Bereichen wie Privat- und Geschäftskunden oder Mittelstandsbank stehen wird.

In Polen fühlen sich die Gelben längst wie zu Hause. Ihre dortige BRE Bank schreibt eine Erfolgsstory. Das Geschäftsmodell der Tochter mBank, einer "polnischen Comdirect", wird sukzessive auf weitere Länder übertragen, in der Slowakei und Tschechien hat man binnen drei Monaten schon insgesamt 70000 Neukunden gewonnen. Und nach der gelungenen Übernahme der Bank Forum in der Ukraine ist davon auszugehen, dass die Commerzbank in der Region weitere Akquisitionsziele bereits fest im Blick hat.

Die BRE Bank galt einst als Gelegenheitskauf ohne schlüssiges Gesamtkonzept. Doch nach und nach wurde aus dem opportunistischen Ansatz in Osteuropa eine richtige Strategie. Die Gründung der Holding ist Resultat der damit zunehmenden Komplexität und Größe dieser Aktivitäten, und sie ist ein klares Signal an den Kapitalmarkt: Uns ist es ernst mit Osteuropa. Die Berufung des bisherigen Comdirect-Chefs Andre Carls an die Spitze der Dachgesellschaft verstärkt dieses Signal noch. Der 44-Jährige, der im gelben Geldkonzern zur Truppe der "jungen Wilden" gehört, hat schon beim größten deutschen Online-Broker eine respektable Leistung abgeliefert.

Mit ein wenig Fantasie kann man sich mittelfristig sogar einen Börsengang der Holding etwa nach dem Muster der Raiffeisen International, der Steuerungseinheit des österreichischen RZB-Konzerns für Mittel- und Osteuropa, vorstellen.

Die Commerzbank kommt mit ihrer Offensive im Osten spät, aber wohl nicht zu spät. Die Region wächst derart dynamisch, dass auch Nachzügler dort noch beträchtliches Potenzial vorfinden. Unabhängig davon ist freilich zu vermuten, dass die deutsche Nummer 2 wesentlich lieber als in Osteuropa in ihrer ersten Heimat expandieren würde. Doch hier sind die externen Wachstumsmöglichkeiten im Dreisäulensystem sehr überschaubar. Die Aussicht, eines Tages den Zuschlag für die Postbank zu bekommen, ist höchst unsicher. Dann doch lieber den osteuropäischen Spatz in der Hand als die Taube in Gestalt des deutschen Retailmarktführers auf dem Dach.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Wittkowski)

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