Westfälische Rundschau: Kommentar EU-Verfassung
Archivmeldung vom 15.06.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie europäische Verfassung ist nicht tot, sie riecht nur komisch? Mag sein, doch der Unterschied ist nicht groß. Nächste Woche wird sie beerdigt. Was immer die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten zustande bringen - eine Verfassung wird es nicht mehr sein, und das bleibt als Fehlschlag zu verbuchen.
Was einen Teilerfolg des bevorstehenden Gipfels nicht ausschließt. Und natürlich ist zu hoffen, dass es der Union gelingt, sich mit einer patenteren Geschäftsordnung auszustatten; dass die Zuständigkeiten klarer abgegrenzt werden; dass Blockade-Möglichkeiten eingedämmt werden und die Volksvertretung in mehr Bereichen mitentscheidet; dass der Bürger einklagbare Grundrechte verbrieft bekommt.
Das alles ist keineswegs sicher, aber durchaus noch drin und wäre ein Fortschritt. Wenn er kommt, werden zahlreiche Mitwirkende sagen: Verfassung? Lebt doch, nur unter anderem Namen. Das aber stimmt leider nicht.
Zur Erinnerung: Das, worum es jetzt geht, ist die Beseitigung von Mängeln, die aus dem vorigen Jahrhundert stammen und nach jeder Vertragsrevision weitergeschleppt wurden.
Doch eine Europäische Union muss mehr sein als ein Zusammenwirken von Nationalstaaten, Regierungen und Volkswirtschaften. Nämlich eine Gemeinschaft von Menschen unterschiedlicher Staatszugehörigkeit, die unter demokratischen Vorzeichen "zu ihrem Glück vereint" sind, wie der Berliner Jubiläumsgipfel im vergangenen März so schlicht und ergreifend formulierte.
Vorbei. Eine richtige Verfassung mit diesem Ziel wird das nicht mehr. Denn dem Bürger werden nicht die Augen geöffnet werden, sondern ihm wird Sand in dieselben gestreut. Damit im Kreis der nationalen Politiker jeder das herauslesen kann, was bei ihm zu Hause am besten ankommt.
Zum Europa, das "zum Glück vereint" ist, führt der Vertrag nicht.
Quelle: Pressemitteilung Westfälische Rundschau