Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum neuen Unterhaltsrecht
Archivmeldung vom 01.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas neue Unterhaltsrecht macht die Hausfrau zum Auslaufmodell. Frauen, die sich ganz der Kinderbetreuung widmen, können nur hoffen, dass die Ehe so lange hält, bis der Tod und kein Richter Mann und Frau scheidet. Sonst droht der Hausfrau nach der Trennung das böse Erwachen.
Der Staat hat die Koordinaten im Familienrecht verschoben: Beim Unterhalt kommen die Kinder uneingeschränkt zuerst. Den Ex-Frauen wird zugemutet, aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Stärkung des Kindeswohls, Eigenverantwortung nach der Ehe und ein einfacheres Unterhaltsrecht: So lauten die Ziele der Reform. Damit hat die große Koalition aus CDU und SPD mit der jahrhundertealten Tradition der Versorgungsehe gebrochen. Die Frau, die den Millionär nur geheiratet hat, um ausgesorgt zu haben und nicht mehr arbeiten zu müssen, kann uns nicht leid tun. Nur gut, dass sie künftig nach gescheiterter Ehe sich ihr Geld selbst verdienen muss. Dass in solchen Fällen der Mann als Sponsor wegfällt, finden sogar Frauen gut. Unseren Respekt verdient aber die Hausfrau, die zugunsten der Familie auf ihren Beruf verzichtete. Durch die Kindererziehung hat sie der Gesellschaft einen großen Dienst erwiesen. Auch Hausarbeit ist ein Vollzeitjob. Nach zerbrochener Ehe wird diesen Hausfrauen das Umschalten schwer fallen. Mal eben einen Job zu finden, der zum Leben reicht, hört sich leichter an als es ist. Frauen sind gut beraten, Eheverträge abzuschließen. Romantiker lehnen sie ab. Sie träumen von der großen, immer währenden Liebe. Aber das ist naiv, denn die Wirklichkeit durchkreuzt diese Schwärmerei immer häufiger. In den deutschen Großstädten wird jede zweite Ehe geschieden, auf dem Land geht mittlerweile jede dritte in die Brüche. Diese traurige Statistik und das neue Unterhaltsrecht sollten die Alarmglocken schrillen lassen. Eheverträge verhindern die Abhängigkeit vom Partner, begrenzen oder verhindern finanzielle Einbußen nach der Trennung. Wer das mögliche Ende der Zweisamkeit gleich am Anfang der Ehe einkalkuliert, beschwört das Scheitern keineswegs automatisch herauf. Er betreibt das, was für die Alterssicherung und die Gesundheit längst unerlässlich ist: Vorsorge. Das neue Unterhaltsrecht ist modern, es reagiert auf steigende Scheidungszahlen und die Erosion der traditionellen Ehe. Gleichzeitig beschleunigt die Reform dramatische gesellschaftliche Veränderungen. Rollenbilder geraten ins Wanken, auf Frauen wächst der Druck, berufstätig zu bleiben und die Betreuung des Nachwuchses an Fremde zu delegieren, zum Beispiel an Tagesmütter. Gleichzeitig wird Männern die Gründung einer Zweitfamilie erleichtert, weil sie für die Ex-Frauen nicht mehr aufkommen müssen. Angesichts dessen wird die Reform hoffentlich vor allem eines bewirken: Dass Männer und Frauen künftig nicht mehr blauäugig und leichtfertig in eine Ehe stolpern.
Quelle: Westfalen-Blatt