Mittelbayerische Zeitung: USA - mit Schwung ins Gestern
Archivmeldung vom 21.02.2018
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Freigeschaltet durch André OttWer einigermaßen reich an Lebensjahren ist und noch über ein gesundes Erinnerungsvermögen verfügt, dem sagt "Voodoo economics" noch etwas. So titulierte der damalige Vizepräsident George Bush die Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Ronald Reagan in den 80er Jahren. Der Republikaner erhöhte die Militärausgaben und senkte die Steuern vor allem für Reiche, um so am Ende mehr Einnahmen des Staates zu erzielen.
Soweit seine abenteuerliche Theorie. Ob er selber daran geglaubt hat, bleibt unklar. Jedenfalls war es fauler Zauber. Der Staat verarmte. Wer seinerzeit den Präsidenten einen irrlichternden Ex-Schauspieler zieh, der hätte sich erschrocken, hätte er gut 30 Jahre weiter in die Zukunft blicken können. Denn (nicht nur) die Wirtschaftspolitik, die Donald Trump betreibt, toppt Reagans Crashkurs. Selbst wenn er punktuell Erfolge für sein Land erwirken sollte - die USA, aber nicht nur sie, werden teuer dafür bezahlen müssen: mit den Lasten der zusätzlichen Schulden, mit Umweltschäden, mit ramponierten Beziehungen zu großen Teilen der Welt, mit sozialen Nöten ihrer Bürger. Wie irrwitzig sich Trumps "America first"-Devise auswirkt, zeigen die Drohungen mit Strafzöllen.
Der Konflikt schwelt ja schon lange. Vor Kurzem wurden Strafzölle auf Solarzellen und Waschmaschinen beschlossen. Klar! Geht es den Waschmaschinenherstellern gut, geht es Amerika gut. Oder? Nun deklarieren die USA Stahl- und Aluminiumpreise zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit. Im Ernst. Nicht Panzer oder Schusswaffen aus Stahl, nein, die Preise. Klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Genauso wenig wie die Gegendrohung der EU. Sie rüstet auf mit möglichen Zöllen auf Motorräder, was die Harleys verteuern würde. Und auf Bourbon-Whiskey. Das alleinige und gar nicht wirtschaftliche Kalkül dahinter: Die Firmen sitzen in republikanischen Hochburgen. Solche Aktionen sind der Weltpolitik unwürdig und gleichen Streitereien im Sandkasten. Doch so lächerlich das momentan noch aussieht - aus solchen Scharmützeln kann sich ein handfester Handelskrieg entwickeln. Parallel dazu wird bereits mit schwereren Waffen im Welthandel gekämpft. Trump und sein Finanzminister haben einen schwachen Dollar als erstrebenswert bezeichnet. Verliert der Dollar an Wert, können US-Firmen zu günstigeren Preisen exportieren, Einfuhren in die USA hingegen werden teurer. Das ist genau das, was der Präsident will.
Auf Dauer schädigt eine schwache Währung aber das Land. Denn die teuren Importe schüren die Inflation, was die Notenbank zu Zinserhöhungen zwingt. Die USA sind weit davon entfernt, ohne nennenswerte Importe auszukommen und so diesen Effekt zu vermeiden. Trump dürfte darauf zählen, dass er nicht mehr Präsident sein wird, sobald die Rückschläge eintreten. Eine harte Attacke auf den Rest der Welt hat die US-Regierung mit der massiven Senkung der Unternehmensteuern geritten. Zusammen mit der neuen Erlaubnis für Konzerne, im Ausland geparkte Gewinne steuergünstig ins Land zu holen, zettelt Trump einen internationalen Steuersenkungswettbewerb zugunsten großer Unternehmen an. Wer seine Bürger mag, tut ihnen das nicht an.
Denn sie müssen die Rechnung bezahlen. Genauso zukunftsvergessen fördert der Republikaner die heimische Ölindustrie. Zwar wird das Land so unabhängiger von Importen und exportiert stattdessen selbst. Aber das Ölzeitalter neigt sich seinem Ende zu. Der US-Regierung ist das egal. Kurzfristiger Profit geht vor langfristiger Substanz. In diesem Fall gilt das für die Wirtschaft genauso wie für die Umwelt. Die USA rauschen mit Schwung ins Gestern. Dort mögen sie sich sogar eine Weile einigermaßen wohlfühlen. Doch sie werden immer mehr den Anschluss an die fortschrittlichen Länder verlieren. Das Erwachen wird bitter werden.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)