Börsen-Zeitung: Frostige Festtagsstimmung
Archivmeldung vom 11.12.2018
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Freigeschaltet durch André OttAdvent, Advent, ein Lichtlein brennt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht die Krise vor der Tür? Mit vier Kerzen kommt indes schon lange nicht mehr aus, wer eine für jedes Dax-Unternehmen anzünden will, das seine Anleger 2018 mit einer Senkung des Ausblicks überrascht hat. Jüngstes Mitglied im Club ist seit Freitagabend der Chemiekonzern BASF - nur Stunden nachdem Fresenius ihre Mittelfristziele kassiert hat. Beide Konzerne sind mittlerweile in guter Gesellschaft. Bereits mehr als die Hälfte der Dax-Unternehmen hat dieses Jahr den Rotstift an ihre Prognosen anlegen müssen.
Im deutschen Aktienhandel herrscht Katerstimmung, von Jahresend-Rally keine Spur. Selbst bei den wenigen rühmlichen Ausnahmen, zu denen man etwa den Chiphersteller Infineon zählen kann, der trotz großer Nähe zur Automobilindustrie noch immer mit einem Rekordjahr rechnet, fürchten Anleger offenbar, dass der Rückschlag allenfalls aufgeschoben ist. Seit dem Rekordhoch vom Juni haben die Infineon-Titel jedenfalls gut 30% eingebüßt - eingebettet in ein negatives Marktumfeld, das nahezu täglich dabei ist, den wachsenden Pessimismus der Anleger zu bestätigen. Der niedrige Wasserstand im Rhein, der BASF mit Sitz in Ludwigshafen natürlich stark getroffen hat, erklärt bestenfalls die Hälfte der Prognosesenkung. Andere Gründe waren offenbar ebenfalls gewichtig.
Aus deutscher Sicht sollte vor allem besorgt machen, dass BASF explizit eine sinkende Nachfrage von Kunden der Automobilindustrie in China als einen der Gründe anführt, warum der Ausblick so deutlich gesenkt wurde. Die Branche ist aufgrund des Diesel-Skandals, der Umstellung auf den WLTP-Prüfzyklus in Europa und des Handelsstreits mit den Vereinigten Staaten ohnehin schon stark belastet. Hinzu kommen rekordhohe Investitionen in Zukunftsthemen wie Elektromobilität und autonomes Fahren. An E-Autos soll im IAA-Jahr 2019 eine ganze Reihe vorgestellt werden. Eine womöglich deutliche Nachfrageabschwächung im Reich der Mitte, dem nach Absatz mittlerweile wichtigsten Markt, käme damit zur absoluten Unzeit.
Kein Wunder, dass am Montag neben Chemiewerten wie Covestro, die bereits im November mit einer Ergebniswarnung schockten, oder BASF selbst auch die Autobauer Daimler, BMW oder der Zulieferer Continental zu den schwächsten Aktien im deutschen Leitindex zählten. Die Stimmung zu Beginn der Festtage könnte anders als das aktuell noch relativ milde Dezemberwetter frostiger kaum sein.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Sebastian Schmid