Neues Deutschland: Wahlen in Russland
Archivmeldung vom 04.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVersprochen war der »erste Feiertag des Frühlings«, doch als sich die beiden Sieger der russischen Präsidentenwahl am späten Abend von Tausenden Zuhörern eines Rockkonzerts feiern ließen, trieben Schneeflocken über Moskaus Roten Platz.
Sonst aber war alles nach Plan verlaufen. Der Kandidat, als dessen beste Eigenschaft vielen Russen die »Nähe zu Putin« gilt, gewann unangefochten - so sehr man um die Fairness des Verfahrens streiten mag. Die Fürsprache des scheidenden Präsidenten und das Versprechen Medwedjews, dessen Kurs fortzusetzen, garantierten den Sieg. Zerfall und sozialer Abstieg in den 90er Jahren sind vielen hierzulande noch in schmerzlicher Erinnerung. Putin hat in ihren Augen viel getan, das »Chaos« zu beenden und die gekränkte Seele der Nation zu heilen. Er wäre auch ein drittes Mal gewählt worden. Offenbar aber wollte er seine Landsleute, deren Mehrheit noch immer einen starken Mann im Kreml bevorzugt, an neue Gesichter gewöhnen. Und seinem Wunsch folgend, wählte diese Mehrheit eben Medwedjew.
Auch viele, die ihrer »Bürgerpflicht« nicht nachkamen, weil das Resultat ohnehin feststand, waren damit nicht unzufrieden. Zwar bleibt ungewiss, wie sich das Verhältnis Medwedjew - Putin künftig gestaltet. Größer noch wäre die Ungewissheit jedoch, wäre eine ganz neue Mannschaft in den Kreml eingezogen. Man kann diese Wahl gelenkt nennen, doch wäre dies gewiss kein ausschließlich russisches Phänomen.
Quelle: Neues Deutschland