WAZ: An die Arbeit, es wird Zeit!
Archivmeldung vom 27.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine jämmerliche Wählerbeteiligung. Das ist es, was von diesem Wahltag verbleibt. Wäre es nicht als zynisch auszulegen, könnte man sagen: Das Ergebnis war förmlich programmiert. Um den Frieden der großen Koalition in Berlin nicht zu gefährden, wurde so manches politisch Heikle riskiert: „Wahlkampf” - Attrappen nach Weichspülerart. Doch so kann keine Lust am demokratischen Wettstreit erwachsen!
Und die Bürger – ohnehin sind viel zu viele vom
Trugschluss demotiviert, „doch nichts ändern” zu können – wenden sich
enttäuscht ab.
Welche Erkenntnis ist aus den Resultaten für die einzelnen Länder
zu ziehen?
In Stuttgart bleibt alles stabil. Die Mehrheit hat es
Oettinger nicht verübelt, dass er den volkstümlichen Teufel aus dem
Chefsessel drängte. Das Ländle ist seit mehr als fünf Jahrzehnten ein
Erbstück der Union.
In Mainz bewies Beck den Sozialdemokraten, dass die glaubhafte
Wahrung traditioneller Identität in Verbindung mit persönlichem
Einsatz für die Menschen ansehnliche Erfolge erwirken kann. Dem
bedenklich schlechten Bundestrend zum Trotz. Beck muss sich um sein
Standing in der Bundespartei keine Sorgen machen.
In Sachsen-Anhalt gehen die Uhren immer noch anders. Frust und
eine aus Verunsicherung geborene Nostalgie machen offenbar vergessen,
dass die Vorläufer der PDS/Linkspartei diktatorisch herrschten und
einen Staat heruntergewirtschaftet haben. So wächst nicht zusammen,
was zusammengehört.
Im Westen vermag die in sich zerrissene WASG/Linkspartei aus
Massenarbeitslosigkeit und verbreitetem Pessimismus kein Kapital zu
schlagen. Vor eben diesem Hintergrund spielen auch Rechtsextremisten
keine Rolle, was man zufrieden vermerkt.
Welcher Schluss aber ist aus diesem Wahltag, dem Lehrstück namens
„eingelullte Demokratie”, zu ziehen? Der Schluss, dass die um einen
hohen Preis gerettete schwarz-rote Harmonie jetzt Früchte tragen
muss. Gewaltige Arbeit ist zu tun. Nichts duldet Aufschub, weder der
Arbeitsmarkt, noch die Sanierung des Haushalts, noch die
Föderalismusreform.
Selten waren die Voraussetzungen, mit großen Reformschritten
endlich ordentlich voranzukommen, besser als jetzt. Der Weg ist dafür
trefflich geebnet. In diesem Jahr wird nur noch in Berlin,
Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen (Kommunalwahl) gewählt. 2007
steht im Wesentlichen nur Bremen auf dem Programm. Das muss die
Berliner Koalitionsparteien beflügeln, große Aufgaben angst- und auf
den anderen eifersuchtsfrei anzufassen und zu bewältigen. Vor der
Neuwahl des Bundestags – so lang ist das nicht her – hieß es doch
unisono: Es muss sofort und umgehend gehandelt werden, um dieses Land
vor dem Abstieg zu retten. Also Großkoalitionäre: Fangt endlich an!
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung