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Leipziger Volkszeitung zur Gesundheitsreform

Archivmeldung vom 03.02.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.02.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Konfuzius sagt: Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die Sachen. Die Weisheit des fernöstlichen Philosophen lässt uns verstehen, warum nach ungezählten Krisengipfeln, Elefantenrunden und Nachtsitzungen ein "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung" herauskam.

Ein Gesetz, das weder das Gesundheitssystem stärkt noch einen Wettbewerb einläutet noch vom Großteil der Bundesbürger verstanden wird oder gewollt ist. Das 250 Seiten starke Regelwerk geht dennoch in die Geschichte des deutschen Parlamentarismus ein: Als eine Reform, bei deren Verabschiedung sich die meisten Abgeordneten wünschen, dass die wichtigsten Teile so nie in Kraft treten. Und als ein Beschluss, der die Entmachtung des Bundestages erschreckend vor Augen führt.

Wenige Abgeordnete wussten nach der Lektüre im Eiltempo genau, über was sie eigentlich abstimmen sollten. Geschweige, dass einer noch durchblickte, in welcher Kungelrunde eigentlich was beschlossen wurde. Wer hat nochmal den wettbewerbsfeindlichen Kasseneinheitsbetrag und so den Einstieg in die Staatsmedizin durchgeboxt? Wo wurde der unsinnige Basistarif ausgehandelt, der als trojanisches Pferd die Privatkassen kaputt machen soll? Gut 20 Abgeordnete im gesamten Bundestag verstehen wirklich etwas vom deutschen Gesundheitssystem. Doch auf ihren Rat wurde weitgehend verzichtet. Die Grundlinien der Reform gaben nicht sie, sondern das Freundinnen-Duo Angela Merkel und Ulla Schmidt vor. Spötter nennen sie nicht zu Unrecht bereits das "Mulla"-Regime.

Einig waren sich am Ende fast alle Beteiligten und Betroffenen, dass es so eigentlich nicht geht. Doch der Widerstand in den CDU-/SPD-Reihen beschränkte sich auf ein paar Dutzend Nein-Stimmen. Die Mehrheit in den Regierungsfraktionen nickte nur noch entnervt ab - schließlich ging es neben der Sache noch um den eigenen Machterhalt und um die Zukunft der Kanzlerin. Das aber SPD-Fraktionschef Peter Struck ausgerechnet die Experten im Gesundheitsausschuss für ihre ablehnende Haltung abstrafen will, lässt tief in das Demokratieverständnis der Spitzengenossen blicken. Es ist ein schlechter Witz, wenn Struck verlangt, die Fachleute im Ausschuss hätten sich dem Mehrheitswillen der Fraktion zu beugen. Stallregie contra Sachverstand - wie war das mit der Gewissensentscheidung jedes Abgeordneten? Längst vergessen, bei den Genossen gilt nach wie vor Schröders Basta-Gesetz.

Nach dieser Reform-Missgeburt schielen die einen schon auf den Rettungshafen Bundestagwahl, die anderen hoffen auf einen heilsamen Richterspruch aus Karlsruhe. Es ist zudem nicht ausgeschlossen, dass in einem andersfarbigen Regierungsbündnis nach 2009 die SPD-Bürgerversicherung oder CDU-Kopfpauschale doch noch Realität werden kann. Konfuzius sagt: Der Weg ist das Ziel - wenn das Ziel fern ist, ist der Weg lang. Es wäre gut, wenn bei der nächsten Gesundheitsreform zumindest ein klares Ziel erkennbar wird.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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