Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zu den Plänen zur Errichtung eines Dokumentationszentrums zu Flucht und Vertreibung
Archivmeldung vom 20.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEndlich hat sich die Politik dazu durchgerungen, eine Stätte einzurichten, an der ganz offen der Vertreibungen gedacht wird. Im Verborgenen, in der Literatur der Historiker (die in allen Bibliotheken gelesen werden kann!), geschieht dies bereits seit Jahrzehnten - es ist folglich unwahr, erst Günter Grass' Novelle »Im Krebsgang« im Jahr 2002 habe die Leiden der Deutschen der Beschäftigung für würdig erklärt.
Was bislang fehlte, war ein sichtbares Zeichen der Anteilnahme des Staates für die Opfer und für ihre Nachkommen. Es sollte doch selbstverständlich sein, dass die Deutschen nicht nur in Haftungsfragen für verübte Verbrechen eine Solidar- und Schicksalsgemeinschaft bilden, sondern in jeder Hinsicht auf ihrem Weg durch die Geschichte. Insofern erfüllt das Zentrum die Bedürfnisse aller Bürger. Wie das Konzept umgesetzt wird, bedarf ernsthafter Debatten - derzeit kann man leider nicht ausschließen, dass das Haus als Stätte der Anklage gegen das eigene Volk instrumentalisiert wird. Das Instrument der Vertreibung aber ist nicht deutsch, es ist auch nicht sowjetisch oder polnisch - es ist elende Praxis seit der Antike. Die Politiker mancher Länder werden wohl immer mit Ressentiments auf Wählerfang gehen. Dessen ungeachtet hat der einfache Mann aus dem deutschen wie aus dem polnischen Volk alten Groll längst begraben. Wenn es gelingt, diesen Geist in Berlin einzufangen: Glückwunsch!
Quelle: Westfalen-Blatt