Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Berufung Haydens zum CIA-Chef
Archivmeldung vom 10.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Berufung des bisherigen Abhörchefs der USA zum Boss der CIA ist an und für sich kein Vorgang, der der besonderen Beachtung wert wäre. Sie ist allerdings aus zwei Gründen doch sehr bezeichnend. Sie zeigt zum einen, dass George W. Bush keinesfalls gewillt ist, die Kritik an seinen Eingriffen in die Bürgerrechte ernst zu nehmen.
Und sie macht zum anderen deutlich, dass er die
Lehren nicht ziehen will aus der Kette von Fehleinschätzungen, die
zum blutigen Chaos im Irak führten.
Mit dem Namen Hayden direkt verbunden ist jenes Programm zur
elektronischen Ausspähung von Bürgern der USA, das die einschlägigen
Gesetze ignoriert und die richterliche Kontrolle solcher Eingriffe in
die Grundrechte aushebelt. Um diese vom Präsidenten selbstherrlich
angeordneten Abhöroperationen ist ein Streit entbrannt, in dem selbst
bisherige Parteigänger dem Präsidenten die Gefolgschaft verweigern.
Mit dem Namen Hayden direkt verbunden ist auch die Blindheit der
Nachrichtendienste der USA, die die Anschläge des 11. September
zumindest erleichterte. Und die NSA, die gigantische Abhörbehörde der
USA war direkt beteiligt an all den wirklichkeitsfremden Analysen,
die einen schnellen demokratischen Wiederaufbau des Iraks für
wahrscheinlich erklärten.
Bush bleibt also gefangen in den Fehlern der Vergangenheit. Er
weigert sich, einen Kurswechsel auch nur in Erwägung zu ziehen.
Hayden steht geradezu exemplarisch für das Beharren auf der
weitgehend gescheiterten bisherigen Politik. Für die Bundesrepublik
ist der ganze Vorgang ein erneutes Alarmsignal. Denn solange die
politische Führung der USA nicht zu einer schonungslosen Bilanz des
eigenen Unvermögens in der Lage ist, solange auch ist sie kein
verlässlicher Partner mehr.
Dabei werden die Gefahren, die aus solcher Ignoranz entstehen, nicht
nur im Irak zu bemerken sein. Sie drohen auch in den Bemühungen, die
Menschen in Deutschland vor terroristischen Anschlägen zu schützen.
Und sie haben unmittelbare Auswirkung auf Afghanistan und die dort
stationierten deutschen Soldaten. Die Qualität
nachrichtendienstlicher Arbeit hat ja erheblichen Einfluss auf die
politischen Entscheidungen im Vorgehen gegen terroristische
Organisationen und bei den Bemühungen zur Stabilisierung der Lage in
Afghanistan und im Irak. Es kommt dabei weniger darauf an, möglichst
alles an scheinbar Geheimem zu wissen. Es kommt vor allem darauf an,
Zusammenhänge zu erkennen. Entscheidend ist letztlich aber, der
Politik immer wieder die Grenzen der eigenen Erkenntnismöglichkeiten
zu verdeutlichen. Hayden aber, wie Bush ja auch, geht davon aus, dass
mit enormem finanziellen Aufwand und gesetzesfreier
Rücksichtslosigkeit allein schon alles erklärlich wird. Das aber ist
der große, der todbringende Irrtum der vergangenen Jahre. Für diesen
Irrtum bezahlen Tag für Tag Menschen im Irak, in Afghanistan mit
ihrem Leben.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau