Börsen-Zeitung: Ende des Versteckspiels
Archivmeldung vom 26.03.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittLange hatte die BayernLB die Finanzkrise so "bewältigt", wie kleine Kinder Verstecken spielen: die Augen zuhalten und fest daran glauben, dass man unsichtbar ist. Vorstandschef Werner Schmidt kostete diese Verdrängung der Realität den Job und große Teile seiner Reputation.
Erst kurz davor hatte sich die Finanzkommunikation des weiß-blauen Sparkassen-Spitzeninstituts - weniger freiwillig als vielmehr unter dem Druck der zunehmend entsetzten Stakeholder - der brutalen Wirklichkeit angenähert.
Zu den vordringlichen Aufgaben der BayernLB-Führung unter dem neuen Vormann Michael Kemmer gehört es, die gleichwohl noch bestehende Lücke zwischen Fiktion und Fakten zu schließen. Dabei wird - der guten Ordnung halber - bis zur Bilanzpressekonferenz am 3. April über Bande gespielt. Also kommt die ganze Wahrheit stückweise heraus, etwa über Medien und Ratingagenturen. Diese Methode hat den Nachteil, dass die an die Öffentlichkeit gelangenden Informationen weder autorisiert noch unbedingt authentisch sind, weil der Überbringer der Botschaft sich womöglich seine eigene Wahrheit zusammenreimt. So generiert das Bemühen um Transparenz und Ehrlichkeit ungewollt auch schon mal Halb- oder Unwahrheiten.
Innerhalb des Spektrums zwischen Schein und Sein liegt die Annahme der Ratingagentur Moody's, dass sich Abschreibungen und Neubewertungen der BayernLB auf Subprime & Co. gegenüber den bisher genannten 1,9 Mrd. Euro künftig mehr als verdoppeln könnten, sicher eher auf der Seite der Realität. Um nächste Woche nicht zu sehr geschockt zu sein, wäre das Publikum gut beraten, sich darauf einzustellen, dass die Belastungen auch schon im Abschluss 2007 deutlich nach oben korrigiert werden müssen - und zwar ergebniswirksam.
Der Vorstand selbst - der frühkindlichen Form des Versteckspiels entwachsen - und die Eigentümer der BayernLB werden mithin vor einer weiteren Tatsache die Augen nicht verschließen können: Kapitalerhöhung oder radikaler Abbau von Risiken. Da die Nachfrage nach einem 32-Mrd.-Euro-Portfolio mit strukturierten Produkten derzeit recht überschaubar ausfallen dürfte, wird es in Richtung Kapitalbeschaffung laufen. Das muss freilich nicht zwingend heißen, dass die Landesbank ihre Träger (je zur Hälfte regionale Sparkassen und der Freistaat) zur Kasse bittet. Es gibt schließlich auch noch die eine oder andere geldwerte Tochter, die man monetarisieren könnte.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Wittkowski)