Lausitzer Rundschau zu den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen: Jenseits der Politik
Archivmeldung vom 12.11.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs sind nicht so sehr die Details dessen, was von dieser neuen Koalition dem Bürger verkündet wird an Belastungen, mit denen er dann rechnen muss. Es ist die dem ganzen Katalog zu Grunde liegende Botschaft. Dass das Ergebnis nichts mit dem zu tun hat, was im Wahlkampf versprochen wurde, ist Teil dieser Botschaft.
Von einer
Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent war nie die Rede – jetzt kommt
die von den Sozialdemokraten als Merkelsteuer gebrandmarkte
Zusatzbelastung 2007 mit einem Platzeck-Faktor obendrauf daher. Mit
einer gewissen Vergesslichkeit nach einem Urnengang konnte man
rechnen. Aber was sich da in der Summe herausschält, steht in einem
nicht mehr erklärlichen Widerspruch zu den Versprechungen. Es ist ein
Programm der vermeintlichen Schadensbegrenzung ohne jede erkennbare
Konzeption. Es wird überall erhöht, gekürzt und abgebaut. Niemand
kann sagen, was dabei an Mehr herauskommt als kurzfristige
Entlastung. Dabei hätte man aus Hartz I bis IV, dem Milliardengrab
ohne Effekte, etwas lernen können. Ohne klare Linie droht stets das
Gegenteil des Erwünschten, begleitet von einer wuchernden, mit sich
selbst beschäftigenden Bürokratie. Was zu Bruch geht in diesem Chaos,
gehört zum Fundament unserer Demokratie. Es gab sie einmal, diese
tatsächlich auch gefühlte Solidargemeinschaft. Die, die
jahrzehntelang solidarisch Steuern und Beiträge gezahlt hatten,
konnten mit Hilfe und vor allem mit Respekt rechnen, wenn sie beides
brauchten. Die heutige Botschaft der Politik lautet, dass jeder sich
ganz schnell um seinen Kram selbst kümmern soll. Als Bedürftiger ist
er sowieso und grundsätzlich ein Störfaktor. Was ihm der Staat
abverlangt, solange es ihm gut geht, hat nichts mehr mit dem zu tun,
was er in schweren Tagen erwarten kann. Und entsprechend verhalten
sich die Menschen. Die Sparquote erreicht Rekordniveau trotz
sinkender Real-Einkommen. Es wird beiseite gelegt, wo früher
angeschafft wurde. Die stetige Sorge um die eigene Zukunft verstetigt
auch die Stagnation der Binnenwirtschaft. Die Menschen können sich
leider jetzt nicht alle gleichzeitig einen Ruck geben, sich darauf
besinnen, dass das Glück auch jenseits der Politik, der
Pendlerpauschale und selbst mit 25 Prozent Mehrwertsteuer noch zu
finden wäre. Es bedarf für einen Stimmungsumschwung der politischen
Führung und des Mutes. Beides aber fehlt. Nun hat sich als Reaktion
auf dieses Programm des großen gemeinsamen kleinsten
Koalitionsnenners eine erstaunlich breite Front der Ablehnung
formiert. Sie reicht von den Gewerkschaften bis zu den
Spitzenmanagern, von den Mittelstandsvertretern bis zu den
Sozialverbänden. Das war ja nicht immer so und auf die ganz
natürlichen Interessengegensätze baut bislang das Parteiengefüge.
Aber allmählich wird auch Unternehmern klar, dass ihnen eine
Rasterfahndung gegen angebliche Sozialschmarotzer genauso wenig hilft
wie Arbeitnehmern eine Reichensteuer. Es zeichnet sich jenseits der
Politik im Grundsätzlichen eine Verständigung darauf ab, dass die
zusätzliche staatliche Gefräßigkeit ein Ende haben muss. Es gibt die
Erkenntnis, dass der Euro in Bürgerhand das bessere Rezept für den
Wirtschaftsaufschwung ist. Und es bleiben bis zum Jahresbeginn 2007
zwölf Monate und einige Wahltermine, um diese Einsicht auch zum
Allgemeingut der Politik werden zu lassen. Darauf immerhin kann man
noch hoffen.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau