KenFM: Rule, Britannia
Archivmeldung vom 14.12.2019
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Freigeschaltet durch André OttLängst haben die USA das einstige Imperium Großbritannien abgelöst. Das tut weh. Warum auch sollte für die britischen Machthaber die EU interessant sein, wenn man sich durch politisches Anbiedern an die USA wenigstens ein bisschen vom imperialen Glanz erhalten kann? Die Hauptmedien, überwiegend in transatlantischer Hand, halfen kräftig mit und beeinflussten die öffentliche Meinung so, dass schließlich die Partei gewonnen hat, mit der sich imperiale Politik am besten durchsetzen lässt.
Trump hat, wie die Hauptmedien im Vorfeld der Wahl berichteten, Boris
Johnson als „großartigen Premierminister“ gesehen und ihm ein neues
Handelsabkommen mit den USA versprochen, wenn Großbritannien aus der EU
austritt. Selbstverständlich ist er nach der Wahl einer der ersten
Gratulanten und äußert sich positiv zum Ausgang der Wahlen, wie alle
Gratulanten von Macron bis Merkel. Auch wenn teilweise behauptet wird,
dass die Reaktionen auf die Wahl so „gespalten wie nie“ und nicht dem
durchschlagenden Sieg entsprechend ausgefallen seien, ist das nur
mediale Makulatur und keineswegs als Kritik imperialer Politik
einzustufen.
Im Gegenteil: Deutsche Medien und Politiker sehen und sahen in der
dichten Beziehung Großbritanniens mit den USA, und folgerichtig auch in
der Wahleinmischung der USA, kaum ein Problem und mildern den Auszug der
Briten aus der Europäischen Gemeinschaft eher als exzentrische
britische Eigenheit ab, die vor allem organisatorisch Probleme schafft,
weil es jetzt mit Anfang Januar 2020 doch scheinbar schnell mit der
Umsetzung gehen kann.
Boris Johnson twittert nach den ersten Prognosen nach der Wahl „Wir
leben in der großartigsten Demokratie der Welt“ (1). Da stellt sich
schon die Frage, wo der zukünftige Premierminister Großbritanniens
eigentlich lebt. Im wöchentlichen Austausch mit seinem Monarchen kann er
das ja mal erklären.
Wenn eine konstitutionelle Monarchie die
großartigste Demokratie der Welt sein soll, kann das ja spannend werden.
Und da ist man noch nicht einmal bei der viel wesentlicheren Frage
angelangt, ob da, wo Demokratie draufsteht, auch wirklich Demokratie
drin ist. Der im britischen Gefängnis Belmarsh, auch „britische Version
von Guantanamo Bay“ (3) genannt, einsitzende und laut
UN-Berichterstattung gefolterte Journalist Julian Assange wird darauf
seine eigene Perspektive haben.
Aber wen stören solche „Kleinigkeiten“ schon, wenn der neue
Premierminister triumphieren kann, dass er mit großer Mehrheit gewählt
wurde und die Konservativen nun die Mehrheit der Sitze im Parlament
innehaben werden?
Wen stört es schon, dass die Briten sich nicht mehr in die Europäische Gemeinschaft integrieren wollen, sondern lieber „großartige Freihandelsabkommen“ mit den USA wollen? „Tories“ wird die Partei der Konservativen in Großbritannien genannt. Selten würde man in Großbritannien „die Konservativen“ sagen und so wird durch diese Bezeichnung der angestrebte Konservatismus ein wenig abgemildert. Auch die deutsche Presse übernimmt den Begriff. Konservativ kommt von conservare und meint bewahren. Da die politische Dimension des Begriffes Konservatismus seit dem 18. Jahrhundert besonders durch Großbritannien geprägt wurde, lohnt sich ein Blick darauf, was konservativ überhaupt bedeutet. Man wird bei Wikipedia fündig…weiterlesen hier: https://kenfm.de/tagesdosis-14-12-201...
Quelle: KenFM von Christiane Borowy