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LVZ: Diabolische Strategie

Archivmeldung vom 30.05.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.05.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Entwicklungshilfe unter militärischem Kommando gilt - nur bei ungefährem Hinsehen deutscher Politiker - als lobenswerte Alternative zur von den USA vorgegebenen Anti-Terrorpolitik. Irak und Afghanistan stehen nicht nur bei der Welthungerhilfe ganz oben auf der Liste der Staaten, in denen Überlebenshilfe durch gut meinende Organisationen häufig tödlich sein kann und derzeit fast vergeblich ist.

Von Friedens-Dividende mag im Irak niemand mehr sprechen. Die jüngste Entführung, der möglicherweise deutsche Finanzexperten zum Opfer gefallen sind, zeigt, dass es nicht einmal kleinste Zonen kalkulierbarer Sicherheit mehr gibt. Deutsche Staatsbürger gehen bei Einsätzen im Ausland ein hohes Risiko ein. Spätestens mit dem Mandat für die Aufklärungs-Tornados über dem südlichen Afghanistan ist Deutschland zur Partei und damit für Terroristen zum Feind geworden. In einem Land, in dem faktisch Kriegszustand herrscht, sind zivile Helfer zur Zielscheibe terroristischer Übergriffe und zum Objekt der Geldbeschaffung durch kriminelle Entführung geworden. Die diabolische Strategie, mittels Selbstmordanschlägen, Entführungen und Sprengfallen jederzeit den Eskalationsgrad bestimmen zu können, macht ausländische Soldaten und unter deren Schutz agierende zivile Helfer zu Spielbällen. Es wird Regionen und Entwicklungsphasen geben, in denen es einfach keinen Sinn macht, momentan über friedliche Entwicklungen zu sinnieren. Das Militärische stößt derzeit an seine Grenzen. Darauf muss die Politik, muss aber auch die internationale Aufbauhilfe erst reagieren lernen.

Noch sieht es in Afghanistan nicht ganz so düster aus. Das scheint freilich eher eine Frage der Zeit als eine der unterschiedlichen Entwicklung zu sein. Niemand darf erwarten, dass die Zivilbevölkerung unterscheiden kann und will zwischen wirkungsvollen Aufbauhelfern und den Soldaten, die gegen Terroristen Krieg führen, die hunderte ziviler Opfer in Kauf nehmen, die einem überforderten politischen Establishment zur Seite stehen, das auf Drogen, Kriminalität und Korruption fußt.

Soldaten mit Spaten und Lehrbuch in der Hand bleiben Militärs. Sie werden zu potentiellen Feinden, wenn andere in Uniformen Krieg und Terror als gleichwertig erscheinen lassen.

"Unkenntnis" über die Lage vor Ort und fehlende Sensibilität wirft die Welthungerhilfe der Bundeswehr in Afghanistan vor. Das ist ungerecht gegenüber den vielen deutschen Soldaten, die sich seit 2002 eindrucksvoll um praktische Existenzhilfe bemühen. Aber es wird höchste Zeit, von Illusionen Abschied zu nehmen. Es reicht nicht aus, Soldaten mit dem Auftrag zu schicken, am Hindukusch die Sicherheit der Bundesrepublik oder Europas zu verteidigen. Wo ist der Mehrwert für die Menschen vor Ort, wenn es nicht einmal gelingt, funktionierende Sicherheitsstrukturen aufzubauen? Es geht für alle Beteiligte zuerst und zu Recht um Interessenspolitik.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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