WAZ: Pakistan gleicht einem Pulverfass - und die Welt sieht hilflos zu
Archivmeldung vom 05.11.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMan muss nur eins und eins zusammenzählen, um zu begreifen, warum die Nachricht vom Ausnahmezustand in Pakistan rund um die Welt Angst und Schrecken auslöst: Pakistan hat Atomwaffen, es ist ein Land mit einer radikalisierten islamischen Jugend, die sich von Fanatikern gegen den Westen aufhetzen lässt, und es ist ein Land, das von einem undurchsichtigen General fortan als Militärdiktatur geführt wird.
Das Ganze ist ein sicherheitspolitischer Molotow-Cocktail
schlimmster Art. Und fast noch schlimmer: Der Rest der Welt schaut
hilflos zu, hält die Luft an und hofft, dass sich die Lage irgendwie
wieder von allein entspannt.
In Washington war diese Hilflosigkeit am Wochenende mit Händen
greifbar. Lange hatte die US-Regierung versucht, Musharraf von der
Ausrufung des Notstandes abzuhalten. Man drohte ihm sogar, die
Finanzhilfe zu stoppen. Doch Musharraf hat erkannt, dass es eine
leere Drohung war.
Die USA sind zwar nun in der peinlichen Lage, eine Militärdiktatur
zu unterstützen, aber es gibt dazu fast keine Alternative. Man
braucht Pakistan im Kampf gegen El Kaida und Taliban; die ohnehin
schwierige Lage in Afghanistan würde sich dramatisch zuspitzen, wenn
Musharraf die Kooperation mit den USA aufkündigen würde.
Pakistan ist auch kein Land, das man isolieren und ignorieren könnte
wie Nordkorea. Pakistan liegt geografisch und ideell im Zentrum des
"Kampfes der Kulturen", wo gemäßigte Moslems, radikale Islamisten und
die Kräfte der westlichen Welt miteinander ringen. Musharraf, so muss
man das wohl trotz aller Vorbehalte und Zweifel sehen, hat ein
Mindestmaß an Stabilität geliefert. Und er hat die Radikalen bis
jetzt in Schach gehalten. Dass er seine Herrschaft nur noch unter den
Bedingungen des Notstandes ausüben kann, zeigt, wie labil das
Machtgefüge ist.
Natürlich kann man auch anders argumentieren und sagen: Es hat sich
doch gar nicht viel geändert. Pakistan war ohnehin nur eine
Scheindemokratie, und jetzt ist das verlogene Etikett endlich weg. An
dieser Sichtweise ist viel Wahres dran. Pakistan war auch schon vor
dem letzten Wochenende ein Pulverfass. Doch die Angst, dass es schon
bald in die Luft gehen könnte, ist jetzt noch größer.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung