Wiesbadener Kurier: Kommentar zu Volkszählung
Archivmeldung vom 22.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie gerade beschlossene neue Volkszählung ist kein Aufregerthema mehr. Sie sollte es auch nicht sein, wenn die Datenschutzbeauftragten keine oder nur marginale Einwände haben. Staatliches Handeln braucht eine verlässliche Datenbasis, denn sehr oft geht es um Investitionsentscheidungen oder die Verteilung von Geld, etwa beim Länderfinanzausgleich.
Mittlerweile wird vermutet,
dass es 1,3 Millionen Bundesbürger weniger gibt als angenommen.
Dennoch ist bemerkenswert, wie wenig das Thema Datenschutz noch eine
Rolle im öffentlichen Bewusstsein spielt. Im Zeitalter der
elektronischen Kommunikation scheinen die Bürger vor der wachsenden
Datenflut geradezu kapituliert zu haben. Das ist um so merkwürdiger,
als es heute Möglichkeiten zur Speicherung und Vernetzung von
personenbezogenen Daten gibt, von denen die lautstarken
Volkszählungsgegner der Achtzigerjahre nicht den Hauch einer Ahnung
hatten. Gleichzeitig hat der Datensammelhunger zugenommen, nicht nur
bei den staatlichen Stellen. Auch Unternehmen sind an Datenprofilen
ihrer potenziellen Kunden interessiert. Unerwünschte Werbung im
Briefkasten und lästige Anrufe von Verkäufern beim Privatanschluss
sind Auswüchse, die jeder kennt.
Aktueller denn je ist deshalb das fast 25 Jahre alte Urteil des
Bundesverfassungsgerichts, das das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung des Bürgers unterstreicht und dem Datensammeldrang
Grenzen setzt. Die technische Entwicklung ist nämlich gerade dabei,
sämtliche Grenzen zu sprengen: RFID-Chips in der Kleidung,
biometrische Daten im Pass, Tests mit Gesichtserkennungssoftware,
Speicherung von Telekommunikationsverbindungen und Mautdaten. Es
dürfte schwieriger werden, hier Dämme zu bauen.
Quelle: Pressemitteilung Wiesbadener Kurier