Westdeutsche Zeitung: Beitragsfreiheit bei Kitas
Archivmeldung vom 15.04.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der rot-grünen Harmonie-Koalition zeigen sich erste Risse. Bei der peinlichen Informationspanne um die vermeintlich verschwundenen Brennelementekugeln in der Atom-Forschungsanlage Jülich sahen zwei SPD-Minister ganz alt aus. Auslöser war freilich ein Grünen-Abgeordneter, der ebenso vehement wie recht faktenfrei das angebliche Verschwinden dieses radioaktiven Materials anprangerte.
Den Schaden haben die allerdings schwach auftretenden SPD-Fachminister. An den Grünen perlt so etwas ab, sie haben derzeit eine Teflonhaut. Das wurmt die Genossen, ist der Vorfall doch ein weiteres Mosaiksteinchen im Bild der vergangenen Monate: Die Grünen sind der Liebling der Saison, die SPD verharrt im grauen Mittelmaß. Der kleine Koalitionspartner schießt bei den Umfragewerten durch die Decke, selbst im Stammland NRW muss die beim Bürger sehr beliebte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft um die Meinungsführerschaft bangen. Deswegen ist der Vorstoß der SPD bei den Kindergartengebühren auch kein Zufall. Die Genossen reklamieren das Thema Kinder und kostenlose Bildung vom Kindergarten bis zur Universität für sich. Das entspricht ihren Wahlkampfversprechungen und ist auch vom Koalitionsvertrag gedeckt. Es entspringt dem dringenden Bedürfnis, in einem zentralen landespolitischen Themenbereich Profil zu gewinnen. Denn auch dort liegen die Grünen bislang vorn. Schulministerin Sylvia Löhrmann macht einen guten Job und wird auch bei der Opposition als kompetente und unideologische Fachfrau geschätzt. Die Beitragsfreiheit bei Kindergärten ist durchaus profilierungsträchtig. Wenn man bereits die Kindergärten als Bildungseinrichtungen begreift, ist es konsequent, sie ebenso wie Schulen kostenlos anzubieten. Zusammen mit einer dringend notwendigen und nun endlich auf den Weg gebrachten Qualitätsverbesserung der Erziehung kann schon in den Kitas das Fundament für eine gute Schulkarriere gelegt werden. Doch das alles muss bezahlbar sein. Und da wird es im kommenden Jahr spannend. Die SPD muss nachweisen, wie sie die notwendigen 150 Millionen Euro zusammenbekommt. Gelingt dies nicht, ist es wie so oft zuletzt: Die Grünen setzen sich durch.
Quelle: Westdeutsche Zeitung