Neues Deutschland: zu den Arbeitsmarktzahlen
Archivmeldung vom 01.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist ein Recht aller Politiker, gute Nachrichten sich selbst und schlechte stets den anderen zuzuschreiben. Ausgiebig geschah dies gestern in Berlin, wo die SPD die Unterschreitung der »magischen« Grenze von vier Millionen Arbeitslosen mit den rot-grünen Reformen begründete, während Unionspolitiker gerade eine vermeintliche Abkehr von der rot-grünen Politik dafür verantwortlich machten.
Ehrlicher war kürzlich der Magdeburger SPD-Minister Bullerjahn im
Interview mit dieser Zeitung: Sprudelnde Steuern, sinkende
Aufwendungen für Arbeitslose - man habe einfach »Glück gehabt«. Die
Konjunktur verläuft in Zyklen, und Merkel hat einen günstigen Moment
erwischt. Nach Jahren der Stagnation wurde wieder investiert. Dieser
Impuls erreicht nun den Arbeitsmarkt - wobei das etwa sechsprozentige
Investitionsplus angesichts der sagenhaften Gewinne der
Großunternehmen noch eher gering ist.
Euphorie ist trotz allen Aufatmens nicht angebracht. Die
Ost-West-Spaltung besteht auf nur geringfügig niedrigerem Niveau
weiter, ebenso die Verfestigung der Langzeit- und der
Altersarbeitslosigkeit. Viele Stellen sind in der Zeitarbeitsbranche
entstanden und können schnell wieder verschwinden. Zu den Kehrseiten
der Entwicklung gehört auch der neue Rekord an Privatinsolvenzen, der
ebenfalls gestern gemeldet wurde. Jeder zehnte Erwachsene gilt
inzwischen als überschuldet: Wo der Sozialstaat verschwindet und die
Löhne bröckeln, entsteht eine neue Schicht arbeitender Armer.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland