Börsen-Zeitung: Zähes Geschäft
Archivmeldung vom 03.07.2019
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Freigeschaltet durch André OttMissraten wie kaum ein Börsengang zuvor ist das IPO des defizitären Online-Modehändlers Global Fashion Group. Die Nachfrage unter professionellen Investoren war so gering, dass die beiden Großaktionäre mehr als die Hälfte der Emission aufkaufen mussten. Und der Ausgabepreis wurde drastisch auf 4,50 Euro gesenkt - das obere Ende der Preisspanne war mit 8 Euro fast doppelt so hoch.
Wer nun gehofft hat, diese Zugeständnisse würden wenigstens zu einem halbwegs passablen Börsenstart beitragen, sieht sich getäuscht. Am Dienstag, dem ersten Handelstag, kam der Aktienkurs unter die Räder. Das zeigt, wie groß die Fehleinschätzungen sind, die sich die Konsortialführer Goldman Sachs, Morgan Stanley und Berenberg vorhalten lassen müssen.
Zwei Punkte dürften Investoren abschrecken. Zum einen verkauft Global Fashion ihre Mode in so unterschiedlichen Regionen wie Russland, Indonesien, Australien oder Brasilien. Das verringert die Transparenz. Zum anderen hat Rocket Internet, einer der Hauptaktionäre, so manchen Anleger mit den hohen Kursverlusten bei Home24 und Westwing vergrault. Die Aktienkurse dieser beiden Unternehmen aus dem Rocket-Portfolio stehen nicht nur infolge operativer Probleme unter Druck. Der Berliner Start-up-Finanzierer hat den Kursverfall mit massiven Aktienverkäufen befeuert - zum Leidwesen anderer Aktionäre.
Auch das Traton-IPO, anfangs als Eisbrecher für den deutschen Neuemissionsmarkt gehandelt, verlief ausgesprochen holprig. Schon die Verschiebung des Börsengangs Mitte März wirkte unglücklich, hatten sich doch die Aktienmärkte damals bereits deutlich vom Einbruch im vierten Quartal 2018 erholt. Seit dem Börsenstart am vergangenen Freitag notierte die Aktie meist unter dem Ausgabepreis. Zuletzt wurde dieser wenigstens wieder erreicht. Dabei lag der Emissionskurs bereits ganz am unteren Ende der Preisspanne.
Für das ohnehin zähe IPO-Geschäft in Deutschland bedeutet vor allem das Global-Fashion-Desaster einen Rückschlag. Mehr als 500 Börsengänge gab es weltweit in den ersten sechs Monaten 2019. In Deutschland waren es bisher gerade mal drei. Fürwahr ein tristes Ergebnis für die viertgrößte Volkswirtschaft, zumal mit dem IT-Unternehmen Frequentis einer der Neulinge aus Österreich kommt. Die Pipeline für das zweite Halbjahr gibt nicht viel her. Damit richten sich die Blicke auf 2020. Dann könnten mit Wintershall Dea, der Conti-Antriebssparte, dem Siemens-Energiegeschäft oder den Thyssen-Aufzügen einige große IPOs anstehen.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von von Helmut Kipp