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Weser-Kurier zum Stand der Deutschen Einheit (Aufbau Ost)

Archivmeldung vom 25.09.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.09.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Leuchttürme und Inseln von Joerg Helge Wagner Wenn die Regierung einen Bericht über ihre eigene Arbeit vorstellt, ist Misstrauen grundsätzlich angebracht. Wolfgang Tiefensee, als Bundesminister für den Aufbau Ost verantwortlich, begegnet dem mit Bescheidenheit: Nach 18 Jahren deutscher Einheit seien erst zwei Drittel des Weges geschafft.

So viel Realismus ehrt den Minister. Dass trotzdem "Außerordentliches erreicht" worden sei, darf er dann auch einmal sagen. In der Tat bieten die nicht mehr ganz so neuen Bundesländer ein kontrastreiches Bild. In den weiten Flächen, die aus Strukturschwäche und wegen der daraus folgenden Abwanderung regelrecht versteppen, gibt es blühende Inseln und sogar echte Leuchttürme. Potsdam etwa, wo die Arbeitslosenquote auf 7,8 Prozent gesunken ist - davon kann man in Bremen oder Bochum bislang nur träumen. Wer statt des regierungsamtlichen Befundes lieber unabhängige Quellen studiert, stellt fest: Gerade nördlich des Mains wird die ehemalige innerdeutsche Grenze auch bei den Wirtschaftsdaten undeutlich. Sehr schön sieht man das  am jährlich erscheinenden "Zukunftsatlas" des Basler Prognos-Instituts, der anhand von 29 makro- und sozioökonomischen Indikatoren die Zukunftschancen aller 439 Kreise und Kreisfreien deutschen Städte ermittelt. Da erscheinen auch Dresden, Jena und Greifswald als Leuchttürme, selbst Magdeburg oder Cottbus rangieren vor Bremen. Kein Wunder, wir haben ja auch 18 Jahre lang hunderte Milliarden in den Osten gepumpt, wird mancher befinden - und säuerlich anmerken, dass angesichts dessen das Ergebnis keinesfalls "außerordentlich" sei. Das aber lässt sich nicht beweisen, weil es keinen Vergleich gibt: Die deutsche Einheit und der Aufbau Ost sind eine Weltpremiere, ein bislang einmaliges politisches, soziales und ökonomisches Langzeit-Projekt. Das schließt Kritik - etwa an der Verwendung der Mittel aus dem Solidarpakt - nicht aus. Wenn aber ausgerechnet die Erben jener Staatspartei, die Ostdeutschland erst ruiniert hat, über die "Schere" zwischen Ost und West lamentieren, ist das schlicht schäbig.

Quelle: Weser-Kurier

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