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Börsen-Zeitung: Alles ist möglich, Kommentar zur Zukunft von Air Berlin

Archivmeldung vom 18.08.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.08.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

In Zeiten des Wahlkampfs ist alles möglich. Da wird aus einem Insolvenzverfahren, das eigentlich die Sanierung eines Unternehmens zum Ziel hat, ein Basar, der nur dem Feilschen und Verkaufen dient. Da werden aus Ministern, die um Neutralität bemüht sein sollten, Lobbyisten im - selbstverständlich ehrenamtlichen - Dienste der Lufthansa.

Da werden aus Gläubigern, sonst in Insolvenzverfahren stark involviert, Randfiguren. Und da werden aus Wettbewerbshütern, die Einwand erheben, Spielverderber. Insofern war der Zeitpunkt für die Air-Berlin-Insolvenz gut gewählt, denn in Zeiten des Wahlkampfes ist tatsächlich alles möglich.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wünscht sich einen "deutschen Champion" im Luftverkehr. Den wird er bekommen. Ob es am Ende tatsächlich die beste Lösung ist, wenn Air Berlin mehr oder weniger komplett bei Lufthansa landet, sei dahingestellt. Wer denkt, damit könnten möglichst viele Arbeitsplätze gerettet werden, irrt, denn zunächst verlieren alle Mitarbeiter ihren Job und können sich dann neu bewerben. Mit offenem Ausgang.

Ob die Lufthansa, heute schon der "deutsche Champion", durch das Verschwinden von Air Berlin und eine Aufnahme eines Großteils der Flotte des Konkurrenten tatsächlich gestärkt wird, muss sich erst noch zeigen. Denn die Integration von 80 oder mehr Flugzeugen ist ein Kraftakt, den es zu stemmen gilt. Die Tochter Eurowings, bei der die meisten Flugzeuge landen sollen, ist schon heute ein Gemischtwarenladen, der alles in allem noch zu hohe Kosten hat, um tatsächlich konkurrenzfähig zu sein.

Und die Konkurrenz wird nicht ruhen, nur weil der Marktführer größer geworden ist. Deutschland ist im Vergleich zu anderen Märkten noch relativ wenig von Billigfluganbietern durchdrungen, Ryanair und Easyjet haben mit ihrer Expansion gerade erst angefangen. Auch Easyjet kann sich Hoffnung auf ein Stück Air Berlin machen und hat dann mehr Schlagkraft.

Ryanair ist jahrelang vom deutschen Steuerzahler alimentiert worden, die Iren wurden mit Vergünstigungen an landeseigene regionale Flughäfen gelockt. Das muss man im Hinterkopf haben, wenn man die Klage gegen die Kreditbürgschaft des Bundes für Air Berlin beurteilen will. Mit seiner Einschätzung, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann, wenn sich die Nummer 1 und die Nummer 2 am Markt einfach so zusammentun können, liegt Ryanair-Chef Michael O'Leary aber richtig. Was er vielleicht vergessen hat: Es ist Wahlkampf.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Lisa Schmelzer

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