Westdeutsche Zeitung: Der blaue Montag ist passe
Archivmeldung vom 16.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittManche werden sich noch vage an ihn erinnern können - an den blauen Montag, der vor allem Klein- und Handwerksbetriebe lahmlegen konnte. Fast schon traditionell verlängerten manche Arbeitnehmer das Wochenende.
Woher damals das
Wort blau kam? Die Kirchen schmückten sich in der Fastenzeit mit
blauem oder violettem Tuch, und viele dehnten die Arbeitsfreiheit des
Fastenmontags bald auf die anderen Montage des Jahres aus.
Was einst wie ein Flächenbrand wirkte, ist heute nur noch die
Ausnahme. Die Angst um den Arbeitsplatz hat Willkür beendet, der
Krankenstand in den Betrieben ist gesunken. Jetzt hat er sogar einen
fast schon historischen Tiefpunkt erreicht. Sind nun die Arbeitnehmer
gesünder geworden, frönen sie in der Freizeit Fitness und Wellness,
um an allen Werktagen ihr Bestes am Arbeitsplatz geben zu können? Von
einem solchen Ideal ist man weit entfernt. Der Grund, weshalb die
Krankmeldung nur noch in gravierenden Fällen erfolgt, liegt auf der
Hand: Niemand will mehr den Job riskieren, stattdessen selbst bei
einer schweren Erkältung deutlich machen, wie arbeitswillig er ist.
Wissenschaftler haben dafür den Begriff des "Präsentismus" geprägt.
Wo aber sind die chronisch Kranken geblieben? Die wurden von den Entlassungswellen der vergangenen Jahre besonders getroffen, sie mussten sich aus der Arbeitswelt verabschieden - oder zusehen, schnell wieder belastbar zu werden. Deutschland ist - in Sachen Krankmeldungen - zum vorbildlichen Standort geworden. Allerdings sollten wir es nicht zu weit treiben. Dem Standort zuliebe darf derjenige, der ernsthaft erkrankt ist, nicht auf die notwendige Genesung verzichten. Das schadet ihm selbst, am Ende auch dem Unternehmen, das auf leistungsfähige Mitarbeiter angewiesen ist.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung