Neue Westfälische (Bielefeld): Unter Gremlins
Archivmeldung vom 11.06.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Sehnsucht, doch noch ins seriöse Fach zu wechseln, muss sehr ausgeprägt sein. Vor drei Jahren hatte Günther Jauch verbittert auf die Christiansen-Nachfolge verzichtet, die ARD-Rundfunkräte als "Gremien voller Gremlins" gescholten. Nun ist Jauch eingeknickt, verzichtet auf "Stern TV", akzeptiert Werbe-Auflagen.
Die ARD feiert die Abwerbung des populären RTL-Manns als Coup. Das ist sie gewiss. Zweifel sind angebracht, dass Jauch der Richtige für den Sonntagabend-Polittalk im Ersten ist, dass er es besser machen wird als Anne Will, deren Quoten in diesem Jahr wieder gestiegen sind. Auf diesen Sendeplatz gehört ein Schwergewicht des politischen Journalismus, jemand, der die Berliner Politprofis in Schach halten kann. Das ist Unterhaltungs-Großmeister Jauch gewiss nicht. Die ARD-Gewaltigen kalkulieren, die Jauch-Sympathien automatisch in gute Quoten für das sonntägliche Polit-Palaver verwandeln zu können. Mutmaßlich wird ihre neue Errungenschaft weder die an Politik Interessierten noch die Jauch-Fans zufriedenstellen. Dass die Abwerbung tatsächlich kostenneutral erfolgen soll, ist ebenfalls schwer zu glauben. Bei Licht besehen, ist der sensationelle Wechsel das Eingeständnis verfehlter Personalpolitik. Jauch kommt, aber das Sagen haben weiter die Gremlins.
Quelle: Neue Westfälische