Allg. Zeitung Mainz: Neue Spitze, alte Probleme
Archivmeldung vom 17.11.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGanz schön gewagt, der Vergleich. "Yes, we Cem", feiern die Özdemir-Fans den neuen Mann in der Grünen-Doppelspitze - wobei noch nicht ganz klar ist, wer die undankbarere Aufgabe zu bewältigen hat: das amerikanische Original oder der "deutsche Obama".
So nennen die türkischen Zeitungen Cem Özdemir, der sechs Jahre nach einer Dummheit - der Bonusmeilenaffäre - und dem Exil im Europaparlament überzeugend in die Bundespolitik zurückgekehrt ist. Doch auch wenn der Vorsitzende der Grünen neu ist, bleiben ihre Probleme die alten. Das ur-grüne Thema Umweltschutz gehört längst zum Standardprogramm der anderen Parteien, ein noch schärferes ökologisches Profil und ein "Grüner New Deal" - noch so ein gewagter Vergleich - wird der Partei keine neuen Stimmen bringen. Die soll Özdemir als eine Art Vorzeige-Multikulti-Chef bei Zuwanderern und Jüngeren holen. Das liegt dem smarten Schwaben; ungleich schwerer wird die Aufgabe, innerhalb eines Fünfparteiensystems neue Allianzen zu schmieden. Mit der SPD allein ist vorerst kein Staat zu machen. Bleibt die "Ampel" mit der FDP. Oder doch Schwarz-Grün? Dass die Grünen zumindest auf Landesebene wandlungsfähig sind und zuvor vehement vertretene Positionen dem Wahlergebnis anpassen können, hat das Beispiel Hamburg gezeigt. Im Bund eine neue Machtperspektive zu entwickeln, ohne die Glaubwürdigkeit der Partei zu verlieren - das wird die größte Herausforderung für Özdemir sein. Yes, he Cem?
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz