Börsen-Zeitung: Eine neue VW-Ära
Archivmeldung vom 27.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine aufregende Volkswagen-Woche liegt hinter uns. Damit ist natürlich nicht die "Volkswagen-Woche" nach Wolfsburger Verständnis gemeint, bei der es um die zweifelhafte Errungenschaft der 28,8- Stunden-Woche ging, sondern die schnelle Abfolge der jüngsten Ereignisse.
Am Dienstag ging es mit der
Brüsseler Entscheidung zum "VW-Gesetz" los, die das Tor für den
künftig maßgeblichen Porsche-Einfluss weit aufstieß und eine beherzte
industrielle Großspekulation mit einem überschaubaren Mitteleinsatz
glänzend aufgehen ließ; am Mittwoch gab es dann rote Ohren für die
Wolfsburger Arbeitnehmerbank in Sachen einer verstärkten
Mitbestimmungsvertretung in der Porsche Automobil Holding SE. Am
Freitag schließlich folgte die Vorlage der Neunmonatszahlen.
Letztere fielen leicht besser aus als erwartet. Nachdem in den
ersten neun Monaten bereits vor Steuern 4,7 Mrd. Euro zusammenkamen,
ist die für das Gesamtjahr avisierte Ausbeute von "mindestens" 5,1
Mrd. Euro schon weitgehend im Sack. VW verdient in diesem Jahr seit
langem wieder einmal die Kapitalkosten. Ausgewirkt hat sich der
Wegfall von Sonderposten, die im Vorjahr allein mit 1,7 Mrd. Euro
belasteten. Bei den Sachinvestitionen ist unverändert Schmalhans
angesagt. Zudem machen sich die Effizienzsteigerungen aus den beiden
For-Motion-Paketen zunehmend bemerkbar.
Ansonsten wurde Volkswagen seinem Ruf als Massenhersteller voll
gerecht. Es bedurfte einer Absatzsteigerung von 11,8% im Ausland, um
einen inländischen Absatzrückgang von 6,1% auszugleichen. Die
Auslandsquote erreichte 75,4%, wobei VW vor allem in Brasilien und
China wieder besser ins Spiel kam. Zu dieser Absatzstruktur passt
unverändert nicht die inlandszentrierte Aufstellung. Knapp 52% der
weltweit 328000 Mitarbeiter sind im Inland beschäftigt. VW versucht
durch eine Vorwärtsstrategie die inländische Hochkostenbasis für
verstärkte Exporte zu nutzen. Beim hohen Euro-Kurs und der im
Quervergleich zu den Peers schlechtesten Dollar-Absicherung sind die
Möglichkeiten dafür beschränkt. Das alles ist altbekannt.
Viel interessanter ist, was Porsche eigentlich vorhat. Werksschließungen sind bei VW weiterhin nicht gegen die Interessen der Inlandsbeschäftigten möglich. Nur mit Karacho wird Porsche nicht weit kommen.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung