Neue OZ: Der Marktwert des Orang-Utans fällt
Archivmeldung vom 08.03.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGerade erst erschütterte die Nachricht den Kunstmarkt: Der Affe Buschi malt nicht mehr, trotz voller Auftragsbücher im Osnabrücker Zoo. Zumindest das Rätselraten um die Gründe hat ein Ende. Offenbar hat der Orang-Utan im Fachblatt "Psychological Science" geblättert. Und das weist nach: Selbst ein Laienpublikum kann Affenkunst vom Expressionismus unterscheiden. Schlimm für den Affen, gut für die Kunst?
Falsch. Diese bittere Geschichte kennt nur Verlierer. Das Tier, dessen Marktwert sinkt. Und die Kunst. Denn von der scheint man in Harvard immer noch zu glauben, sie sei auf den Laiengeschmack angewiesen. Dabei sollte seit 100 Jahren klar sein, dass Kultur im Zweifel auf alle Kunstfertigkeit verzichten kann.
Eins der bekanntesten Werke der Moderne ist jenes Pissbecken, das Marcel Duchamp 1917 ins Museum gestellt hat. Zur Kunst wird es nicht durch seinen ausdrucksstarken Bau, sondern durch Kontexte: Es ist signiert, Gegenstand ästhetischer Debatten, und niemand pinkelt hinein. Kunst braucht Bedeutung. Weil Buschi bei aller handwerklichen Raffinesse diskursiv nur wenig bewegt, bleiben seine Aquarelle erschwinglich, auch als abgeschlossenes Sammelgebiet.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung