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DER STANDARD-Kommentar "Von Bürgern und Bienen" von Michael Völker

Archivmeldung vom 04.05.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nikolaus Berlakovich hat seinen Fußabdruck schon in manchen Fettnapf gesetzt. Jetzt ist er am Honigtopf dran, und es scheint, als ob er mit der Biene einen Gegner gefunden hat, der seiner politischen Karriere richtig gefährlich werden könnte: Der Umweltminister ist zu einer Belastung für die ÖVP geworden, und viele empörte Bürger meinen, er sei auch eine Belastung für das Land. Es geht um das Bienensterben. Und um ein paar Themen, die dahinter liegen. Es geht um das Amtsgeheimnis, also um den Umgang der Behörden mit den Bürgern. Es geht um Lobbyismus, also um den Einfluss mächtiger Konzerne auf die Politik. Und es geht um Glaubwürdigkeit, ganz generell.

Neonicotinoide, die in der Landwirtschaft als Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, belasten das gesamte Ökosystem und tragen laut Meinung von Experten wesentlich zum Bienensterben bei. Für Berlakovich ist das noch nicht erwiesen. Er will noch abwarten. In Brüssel ließ er gegen ein Verbot dieser Neonicotinoide stimmen - aus "rein fachlichen Gründen". Er führt auch den Schutz von bäuerlichen Existenzen ins Treffen und stellt diesem den Schutz der Bienen gegenüber. Der Schutz der Interessen der chemischen Industrie, aber auch der Bioethanolindustrie und der Futtermittelindustrie, die Mais in rauen Mengen brauchen, spielt wohl ebenfalls eine erhebliche Rolle. Wie viel genau von dem hochgiftigen Pflanzenschutzmittel in Umlauf gebracht wird, kann oder will Berlakovich nicht sagen. Laut Schätzungen sind es in Österreich mindestens zehn Tonnen. Der Minister beruft sich auf das Amtsgeheimnis. Jenes Amtsgeheimnis, das SPÖ und ÖVP auf Druck einer engagierten Bürgerinitiative eigentlich abschaffen wollten. Aber noch ist es nicht abgeschafft: Die Koalitionsparteien verstrickten sich trotz eindeutiger Willenserklärungen in kleinlichen parteitaktischen Spielchen und behindern einander gegenseitig - zum Nachteil der Bürger. Diese werden in Österreich vom Amt immer noch für blöd verkauft. Statt einer Informationspflicht gilt die Amtsverschwiegenheit. Im Umgang mit Behörden sind Bürger Bittsteller, der beamteten Willkür ausgeliefert. "Die konkreten Namen der Wirkstoffe und deren Umsätze unterliegen der Amtsverschwiegenheit, weil diese geheime Tatsachen umfassen. Geheim ist eine Tatsache erst dann nicht mehr, wenn sie allgemein bekannt ist", heißt es in einem Entscheid des Bundesamts für Ernährungssicherheit, das sich im Fall der eingesetzten Pestizide auf das Amtsgeheimnis beruft. Das ist wirklich absurd: Gerade wenn es um Ernährung und Gesundheit geht, müsste das Recht der Bürger auf volle Information Vorrang haben und alle anderen Interessen überwiegen. Es gilt aber die Amtsverschwiegenheit, weil die Politik den fragwürdigen Interessen der Industrie Vorrang einräumt. Art und genaue Menge des zum Einsatz gebrachten Gifts in der Landwirtschaft bleiben geheim. Gesetz ist leider Gesetz, argumentiert Berlakovich. Er nimmt in Kauf, dass Bienen sterben und Bürger für dumm verkauft werden. Der Umweltminister steht damit sehr anschaulich für die Unredlichkeit und Inkompetenz dieser rot-schwarzen Bundesregierung, die die Fahnen der Transparenz hochhält, die Bürger aber gleichzeitig hinters Licht führt. Offensichtlich werden da vielerlei Interessen bedient - nur nicht jene der Bürger. Und die der Bienen nicht zu vergessen.

Quelle: Der Standard (ots)

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