Allg. Zeitung Mainz: Kommentar zu Mindestlohn
Archivmeldung vom 18.06.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie SPD gibt sich zwar noch hart, doch beim Thema Mindestlohn deutet vieles darauf hin, dass sich die Spitzen der Großen Koalition auf einen Kompromiss verständigen. Die Union scheut zwar mit Blick auf die Arbeitgeber den Ausdruck gesetzlicher Mindestlohn wie der Teufel das Weihwasser, doch der Koalitionspartner weiß, dass er sich bewegen muss.
Umfragen zufolge spricht sich die
klare Mehrheit der Bevölkerung für Mindestlöhne aus; das können CDU
und CSU nicht ignorieren. Aber auch die Genossen können nicht auf
ihrer Maximalforderung beharren. Tun sie das, wird der
Koalitionspartner mauern und die SPD am Ende mit nichts dastehen.
Damit wäre auch der Sache nicht gedient, denn der Verfall der
Gehälter im Niedriglohnsektor schreit nach einer neuen Regelung. Die
Vorlage für einen tragfähigen Kompromiss liegt schon in der
Schublade. Folgendes Szenario ist denkbar: Alle Branchen erhalten das
Angebot, in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen zu werden.
Sie müssen dazu entsprechende Voraussetzungen erfüllen und zügig
einen Tarifvertrag für einen Mindestlohn entwickeln. Mit der Aufnahme
in das Entsendegesetz wären auch die nicht tarifgebundenen
Arbeitgeber in der Pflicht. Damit würde flächendeckend das umgesetzt,
was bereits in der Baubranche und bei den Gebäudereinigern Realität
ist. Wichtig: Sowohl SPD als auch Union könnten mit einer solchen
Lösung ihr Gesicht wahren. Denn die Regelung käme in ihrer Wirkung
einem gesetzlichen Mindestlohn sehr nahe, rein formal gesehen wäre
sie jedoch keiner, sondern ein Instrument der Tarifparteien.
Allerdings hat auch dieser Kompromiss mehrere Haken. Was ist zum
Beispiel, wenn die Tarifpartner sich partout nicht einigen wollen?
Die Politik muss höllisch aufpassen, dass das Thema nicht versandet.
Außerdem ist es ungemein schwierig, genau das "richtige" Lohnniveau
zu finden. Ist der Mindestlohn zu hoch, kann er Arbeitsplätze
gefährden, ist er zu niedrig, bleibt er ohne jegliche Wirkung.
Quelle: Pressemitteilung Allgemeine Zeitung Mainz