Lausitzer Rundschau: Kurnaz vor BND-Untersuchungsausschuss Politik in Erklärungsnot
Archivmeldung vom 19.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie politische Sprengkraft im Fall Murat Kurnaz ist offensichtlich. Nicht nur, dass der in Deutschland aufgewachsene Türke schwere Misshandlungen durch die geheimnisumwitterte Bundeswehr-Spezialtruppe KSK beklagt.
Auch für deutsche
Regierungsstellen ist die Sache brenzlig, denn Kurnaz musste fast
fünf Jahre lang im berüchtigten US-Gefangenenlager Guantánamo
zubringen, obwohl es Kanzler- und Außenamt in der Hand gehabt hätten,
den Häftling wegen offensichtlich falscher Vorwürfe weitaus eher
freizubekommen.
Sicher: Die Angst vor terroristischer Bedrohung war in den Monaten
nach den Anschlägen am 11. September 2001 mit Händen zu greifen. Wer
wie Kurnaz damals aus welchen Gründen auch immer eine Reise nach
Pakistan unternahm, musste damit rechnen, dass er sich in Gefahr
begab. Seinen traumatischen Leidensweg rechtfertigt das jedoch in
keiner Weise. Wegen Kurnaz' türkischer Staatsbürgerschaft stand
Deutschland nicht in einer konsularischen Verpflichtung, den
Guantánamo-Gefangenen zurückzunehmen. Das ist richtig. Aber bestimmt
das Grundgesetz nicht auch, dass die Würde des Menschen unantastbar
ist? Diesen Grundsatz hat die rot-grüne Bundesregierung bei Kurnaz
offenbar schlicht ignoriert. Dabei zeigte das Engagement von Angela
Merkel kurz nach ihrem Amtsantritt, dass es auch anders geht.
Über die Gründe der rot-grünen Zögerlichkeit konnten Kurnaz und sein
Anwalt im BND-Untersuchungsausschuss nur mutmaßen. Als damaliger
Kanzleramtschef wusste Frank-Walter Steinmeier, was Sache war.
Deshalb wird der amtierende Außenminister dem Gremium noch eine Menge
zu erklären haben.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau