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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Öl

Archivmeldung vom 14.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Ölpreis fällt und vieles spricht dafür, dass er nicht mehr steigt. Das liegt nicht nur an den Spekulanten, die wieder in andere Werte gehen, auch nicht nur an der erlahmenden Konjunktur weltweit. Selbst die Georgien-Krise ließ den Ölpreis nur für kurze Zeit nach oben ausschlagen.

Offenbar sind es strategische Überlegungen der Ölförderländer, die den Preis drücken. Allen voran Saudi-Arabien, das schon Mitte Juni seine Produktion um 300.000 Fass auf 9,7 Millionen Barrel pro Tag erhöht hat. Die strategische Rechnung ist nicht sehr kompliziert. Normalerweise haben die Ölländer, die nicht zum Öl-Kartell OPEC gehören, in Zeiten der Preissteigerungen oder Krisen ihre Produktion erhöht und so den Preis gedeckelt. Das gilt vor allem für Russland. Aber die Steigerung ist nur noch begrenzt möglich, momentan sind keine weiteren Reserven entdeckt worden. Selbst wenn Moskau seine Produktion wie zu erwarten um zehn bis 15 Prozent in der nächsten Dekade auf 14 Millionen Barrel pro Tag steigert, wird die Gesamtförderung außerhalb der OPEC kaum über die 50 Millionen Barrel pro Tag kommen. Außerdem sind die Förderkosten in Sibirien oder selbst am Schwarzen Meer bis zu zehnmal höher als am Golf. Für die Verbraucher im Westen bedeutet das: Der Preis bleibt relativ hoch, wir müssen bei uns selbst etwas ändern. Atomenergie wird plötzlich wieder akzeptabel, nur in Deutschland bleibt der Widerstand dagegen zäh. Elektromotoren sind en vogue, Wind- und Sonnenenergie erleben überall einen massiven Aufschwung. Der überhöhte Ölpreis macht Investitionen rentabel. Das fürchten die OPEC-Länder am meisten, denn das verringert auf Dauer die Abhängigkeit vom Öl, selbst wenn die OPEC mehr Öl preisgünstiger auf den Markt werfen würde. Es nutzt den Ölförderländern wenig, den Preis hoch zu halten. Eine Art Schockwirkung erlebten sie mit den Juni-Zahlen. In diesem Monat sank der Verbrauch in den beiden größten Industrieländern, den USA und Japan, um drei beziehungsweise zwei Prozent, in Europa hielt er sich gerade noch. Weniger Abhängigkeit bedeutet auch weniger politischen Einfluss. Und hier kommt für die Potentaten in den Palästen auch ein ganz persönliches Eigeninteresse ins Spiel. Zum einen erlauben die hohen Einnahmen ein generöses Verhalten gegenüber dem eigenen Volk und das sichert den sozialen Frieden gegenüber den Fundamentalisten. Zum anderen sichert die Abhängigkeit der Industrieländer auch deren Schutzfunktion für die Monarchien am Golf. Beides ist eine Frage des Ölpreises. Die Marke 150 Dollar zeigte, hier ist eine Grenze erreicht. Man wird alles tun, um diese Grenze nicht zu überschreiten. Die 200-Dollar-Marke, die vor ein paar Wochen als Schreckensszenario auftauchte, ist reine Spekulation. Sie kann vielleicht in Krisenzeiten für ein paar Tage Wirklichkeit werden. Das Gleichgewicht des Ölpreises aber dürfte auf mittlere Sicht eher bei 100 Dollar liegen.

Quelle: Westfalen-Blatt

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