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Atempause, Kommentar zum Touristikkonzern Tui

Archivmeldung vom 06.01.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.01.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

In keiner Tui-Hauptversammlung seit 2013 hat man den Optimisten Friedrich Joussen angestrengter und abgekämpfter erlebt als beim ersten virtuellen Aktionärstreffen des Touristikkonzerns. Nahezu emotionslos und weitgehend wortgetreu verlies der Vorstandsvorsitzende den vorgefertigten Redetext und auch die Antworten auf rund 50 vorab eingereichte Fragen von Aktionären und Aktionärsvertretern. Die Folgen der Corona-Pandemie und ihre Bewältigung haben Substanz gekostet. Für die Tui ging und geht es um die Existenz.

Für den Tourismus war 2020 ein Horrorjahr. Reisebeschränkungen haben der Branche zugesetzt und aus der Tui über Nacht ein Unternehmen ohne Produkt und nennenswerten Umsatz werden lassen. Der weltgrößte Touristikkonzern, der, wie Joussen in den vergangenen Monaten immer wieder betonte, vor der Pandemie ein kerngesundes Unternehmen war, das in das Geschäft investierte, Schulden aus der Vergangenheit reduzierte und attraktive Dividenden zahlte, geriet zum Stützungsfall.

Für die Bundesregierung "too big to fail", erhielt die Tui staatliche Hilfen, um den gravierenden Mittelabflüssen zu begegnen und die Liquidität zu sichern. Das Anfang Dezember vereinbarte dritte Finanzierungspaket über insgesamt 1,8 Mrd. Euro hat dem Unternehmen erneut Luft verschafft. Um eine Insolvenz der Tui und einen möglichen Totalverlust ihres Engagements zu vermeiden, hatten die Aktionäre in der außerordentlichen Hauptversammlung am Dienstag keine andere Wahl, als zuzustimmen. Wäre schon einer der Beschlussvorschläge nicht gefasst worden, hätte etwa die geplante Kapitalerhöhung um rund 500 Mill. Euro, an der sich auch der russische Großaktionär Mordaschow beteiligen will, nicht umgesetzt werden können. Damit wiederum wäre die Rückzahlung einer im Oktober fälligen 300-Mill.-Euro-Anleihe akut gefährdet gewesen.

Die Tui und ihre Geldgeber setzen darauf, dass Impfstoffe gegen das Coronavirus vom kommenden Sommer an zu einer Wiederbelebung des internationalen Reisegeschäfts und zu einer kurzfristigen Rückkehr des Unternehmens zu profitablem Betrieb führen werden. Doch die Annahmen sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Wann die Tui an das Vorkrisengeschäft anknüpfen kann, ist offen. Die im Verlauf der Krise deutlich gestiegene Verschuldung belastet das Unternehmen, die Refinanzierungsrisiken sind weiterhin beträchtlich. Das Geschäftsmodell mag intakt sein, eine Investition in die Tui bleibt 2021 aber mit hohen Risiken verbunden.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Carsten Steevens

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