Westdeutsche Zeitung: Tag der offenen Tür nach Peking-Art
Archivmeldung vom 27.08.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie deutsche Bevölkerung durfte am Samstag anlässlich des Tags der offenen Tür ins Kanzleramt. Chinesen hingegen kommen jeden Tag. Nicht nur zur Kanzlerin, sondern auch zu den wichtigsten Ministerien. Seit Monaten versuchen Hacker aus Peking, Kanton oder Lanzhou mit Hilfe so genannter Trojaner deutsche Regierungspolitik auszuspähen. Jetzt sind sie aufgeflogen.
Doch das ist kein Grund zum Jubeln. Auch wenn Berlin
beschwichtigt, weiß in Wirklichkeit niemand, welche sensiblen
Informationen bereits abgeflossen sind. Und darüber, wo noch alles
Trojaner sitzen und fleißig Geheimes nach Fernost senden, mag man gar
nicht bis zur letzten Konsequenz nachdenken. Angela Merkel wird sich
bei ihrem China-Besuch über diese Attacken beschweren. Das ist
irgendwie rührend, wird jedoch keinen Chinesen beeindrucken. Ihnen
geht es weniger um gute, freundschaftliche Beziehungen, sondern
kompromisslos um ihr Wirtschaftswachstum. Dafür schaden sie relativ
hemmungslos der Umwelt, verletzen Patente. Warum sollten sie dann
künftig von der Computer-Spionage die Finger lassen? Weitere Angriffe
werden folgen, auf die Regierung, aber auch auf innovative
Unternehmen. Denn eutsches Know-How ist glücklicherweise weltweit
gefragt. Da es aber auch unser einziger nennenswerter "Rohstoff" ist,
müssen wir es noch intensiver schützen.
Wie kann das gelingen? Uns muss klar sein, dass jeder Computer, der mit dem Internet in Verbindung steht, ein potenzielles Sicherheitsleck hat, also raffinierte Hacker auf ihn zugreifen können. Die unpopuläre und unpraktische Konsequenz wäre, die wichtigen Rechner als abgeschottete Inseln in der weltweiten Datenwelt zu isolieren. Ansonsten gilt, den Sicherheitsstandard mit stets aktuellen Virenschutz-Programmen und richtig eingestellter Firewall-Technik so hoch wie möglich zu halten. Vor allem mittelständische Firmen tun sich damit noch schwer. Zudem muss - das betrifft übrigens auch Privatpersonen, etwa bei Bankgeschäften - das Bewusstsein wachsen, dass Datenmissbrauch rasch zur existenziellen Gefahr werden kann. Hier kann man sogar schon mit einfachsten Mitteln vorbeugen: Beispielsweise, indem man nie den Namen des Partners oder Kindes als Passwort benutzt und dieses öfter mal ändert.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung