Südwest Presse: DOPING
Archivmeldung vom 19.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittTausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert, beim tausendundersten Mal haben die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten abgeschaltet. Konsequent nennen sie diese Haltung. Bleibt die Frage, wie weit diese Konsequenz geht. Was ist, wenn bei den Weltmeisterschaften in Osaka gedopte Leichtathleten erwischt werden? Oder noch schlimmer: Wenn die Fußballer doch nicht so sauber sind, wie sie beteuern?
Nahezu sicher ist, dass es bei den Olympischen Spielen in Peking
positive Doping-Tests geben wird. Und das ist auch gut so. Denn es
kann wohl niemand so naiv sein zu glauben, dass irgendein bezahlter
Sport frei von Betrug ist. Deshalb ist jeder positive Doping-Test ein
Anlass zur Freude. Ganz besonders im Radsport. Die Fälle Kessler,
Petacchi oder Sinkewitz sind immerhin Beweis dafür, dass die
Kontrollen besser werden, weil sie gezielt in den sensiblen Phasen
der Vorbereitung gemacht werden.
Aber der Fall Sinkewitz ist offenbar der Tropfen, der das Fass zum
Überlaufen gebracht hat. Denn Sinkewitz galt als Vertreter der jungen
Generation. Die Tatsache, dass er bei verdächtigen Teams wie Mapei
und Quickstep groß geworden ist, wurde ebenso übersehen wie seine
frühere Zusammenarbeit mit dem italienischen Doping-Arzt Michele
Ferrari.
Bei T-Mobile hat man sich auf die treuherzigen Beteuerungen des
Athleten verlassen und auf die internen Kontrollen. Die sind
vorbildlich, aber sie zielen nur auf Blutdoping ab. Herkömmliche
Substanzen, zu denen der Klassiker Testosteron zählt, werden dabei
nicht gesucht. Diesen Nachweis überlässt man den Verbänden und
Anti-Doping-Agenturen. Das ist absolut richtig. Alles andere legt den
Schluss nahe, dass den Fahrern nur geholfen wird, an die
Nachweisschwelle heranzudopen. Das ist übliche Praxis, nicht nur im
Radsport.
Telekom, Milram und Gerolsteiner werden wohl aus dem Radsport
aussteigen, sollte die B- Probe Sinkewitz' ebenfalls positiv
ausfallen. Alles andere wäre eine Überraschung. Damit steht der
Profiradsport auf Top-Niveau in Deutschland vor dem Aus. Auch eine
Lösung für das Problem.
Aber das trifft nicht die Schuldigen. Es trifft keinen Kessler,
keinen Sinkewitz, keinen Jaksche, und erst recht nicht diejenigen,
die hinter allem stecken. Es trifft die Fahrer, die versuchen, ohne
Hilfsmittel Leistung zu bringen. Es trifft junge Menschen, die Freude
an ihrem Sport haben, und sich für ihr großes Ziel abstrampeln. Denn
die gibt es noch. Aber Beachtung findet nur derjenige, der ganz oben
steht - vor allem im Fernsehen. Da beißt sich die Katze in den
Schwanz.
Wer glaubt, mit dem Ende des Radsports sei das Doping-Problem gelöst,
der irrt gewaltig. Dafür müssen all diejenigen, die sich jetzt als
Wächter des sauberen Sports aufspielen, ein bisschen mehr tun als
laut aufzuschreien und dann wieder in der Deckung zu verschwinden.
Aber vielleicht haben den Knall jetzt alle gehört. Vielleicht sehen
die ewigen Leugner endlich ein, dass Doping nicht das Problem der
anderen ist. Es ist nicht auf bestimmte Länder, nicht auf wenige
Sportarten beschränkt. Es kann jeden treffen. Deshalb müssen all
diejenigen, die vom Sport leben, gemeinsam etwas dagegen tun.
Funktionäre, Sponsoren und Medien. Ein erster kleiner Schritt wäre es
schon Aufklärungsprogramme zu unterstützen, die bislang niemand
interessieren. Damit der Sport wieder das wird, was er einmal war:
die schönste Nebensache der Welt.
Quelle: Pressemitteilung Südwest Presse