Lausitzer Rundschau: Die SPD nach der Pleite bei den Europawahlen
Archivmeldung vom 09.06.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Wahlpleite vom Sonntag hat die SPD regelrecht geschockt. Es ist der Schock, der einer Reihe plötzlicher Erkenntnisse folgt: Wahlerfolge kommen nicht, nur weil man fest daran glaubt. Krisen vergehen nicht, nur weil man sich das von Herzen wünscht. Und Umfragen spiegeln manchmal eben doch die Wirklichkeit wider.
Bis zum September vergangenen Jahres musste der glücklose Kurt Beck für die Serie von Misserfolgen der Sozialdemokraten herhalten. Dann trat der Rheinland-Pfälzer als SPD-Chef ab - und der Absturz ging ungebremst weiter: Bei der Bayernwahl Ende September.2008 konnte die SPD von den erdrutschartigen Verlusten der CSU nicht profitieren, sondern fuhr mit 18,6.Prozent das schlechtese Ergebniss ihrer Geschichte ein. Gleiches gelang ihr im Januar.2009 mit 23,7.Prozent in Hessen. Und an diesem Sonntag wieder mit 20,8.Prozent bei der Europawahl. Ein Dreierpack der besonderen Sorte. Weder der parteiintern unangreifbare Vorsitzende Franz Müntefering noch Hoffnungsträger Frank-Walter Steinmeier konnten ihn verhindern. Vor diesem Hintergrund ist man schon fast etwas peinlich berührt, wenn die Sozialdemokraten dem Publikum und sich selbst weiter unbeirrt weismachen wollen, dass sie im September eine echte Chance auf die Kanzlerschaft hätten. Klar: In der Politik kann - wie im richtigen Leben - viel passieren. Aber derzeit ist völlig unklar, mit welchen Themen die SPD ihre Wähler mobilisieren will. Und welche politische Konstellation eine Bundesregierung unter sozialdemokratischer Führung überhaupt tragen soll. Einer Dreierkoalition unter Einschluss der Linken hat die SPD bereits eine Absage erteilt, sie wäre im Jahre.20 nach der friedlichen Revolution politisch auch nicht vermittelbar. Ein Bündnis mit Grünen und FDP ist ebenso unwahrscheinlich, weil dafür mindestens einer der Beteiligten bereit sein müsste, wesentliche Grundüberzeugungen über Bord zu werfen. Stichwort Mindestlohn. Realistisch betrachtet bietet sich eine Machtperspektive für die Sozialdemokraten nur in der Fortführung der Großen Koalition - und zwar als Juniorpartner unter einer Kanzlerin Angela Merkel, so wie bisher. Trotz allem beginnenden Wahlkampfgetöse liegt die Ahnung in der Luft, dass beide Kandidaten - die CDU-Chefin ebenso wie ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier - mit einem solchen Ergebnis gut leben könnten. Dass es für die SPD wenigstens dazu langt, ist aber alles andere als sicher. Ihr schlechtestes Ergebnis bei Bundestagswahlen fuhr die Partei am 6..September.1953 ein. 28,8.Prozent - das ist in etwa der Wert, den sie derzeit in den Umfragen erreicht.
Quelle: Lausitzer Rundschau