Neues Deutschland: zum Rücktritt des UN-Botschafters der USA
Archivmeldung vom 06.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIst das schon das Signal an die Welt für einen Kurswechsel in Washington, wie die »New York Times« gestern hoffte? Mit John Bolton muss ein weiterer enger Getreuer des US-Präsidenten und der wohl undiplomatischste Diplomat gehen, den die Vereinten Nationen zuletzt gesehen haben.
Ein neokonservativer Betonkopf voller
Verachtung für das Staatenforum und deshalb genau der richtige Mann
für George W. Bush, um die ungeliebte UNO im Sinne der Supermacht
aufzumischen und Kofi Annans mühsam ausgehandeltes Reformpaket im
East River zu versenken. Trickreich wurde im Weißen Haus jede
Hintertür genutzt, um Bolton für den Botschafterposten
durchzudrücken. Nun war absehbar, dass die veränderten
Mehrheitsverhältnisse nach den Kongresswahlen keine Wiederholung
zulassen werden. Aber selbst in den republikanischen Reihen hatte
sich der Affront-Diplomat mehr und mehr diskreditiert.
So ist sein Rückzug zuerst einmal eine Schlappe für Bush, der Bolton
mit aller präsidialen Macht halten wollte. Sie reichte nicht mehr aus
- ein Vorgeschmack auf kommende Kraftproben mit dem jetzt von den
Demokraten dominierten Kongress. Eine außenpolitische Wende ist diese
Personalie deshalb noch nicht. Die ließe sich vielleicht an Boltons
Nachfolger festmachen - und mehr noch an den Schlussfolgerungen, die
Bush aus den Empfehlungen der »Baker-Kommission« für das weitere
Vorgehen in Irak zieht, die heute vorgelegt werden.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland