LVZ: Zu viele Gäste
Archivmeldung vom 28.06.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt1804 durchbrach die Weltbevölkerung die Milliarden-Schallmauer, 1927 fiel die nächste, 1960 lebten drei Milliarden Menschen auf dem blauen Planeten, 1974 vier, 1987 fünf, 1999 sechs. Und derzeit teilt sich jeder Homo sapiens mit gut 6,6 Milliarden Artgenossen die zunehmend unter dieser Last ächzende Erde.
Mit erheblichen Folgen für alle
Beteiligten:In Asien, Afrika, Südamerika wächst die Armut in den
explodierenden Mega-Städten. In Europa, Nordamerika, Australien, auch
in den entwickelten Teilen Asiens verschärfen sich
Ausgrenzungstendenzen. Die, denen es schlechter geht, sollen bleiben,
wo sie sind, damit die, denen es besser geht, ihren Vorsprung in
Sachen Lebensqualität und Lebenschancen nicht einbüßen.
Das alles ist nicht neu: Jedes Jahr veröffentlicht die Uno ihren
Weltbevölkerungsbericht. Jedes Jahr gibt es interessante neue Details
(diesmal ist dies die Erkenntnis, dass bereits im kommenden Jahr die
Hälfte aller Menschen in Städten lebt). Und in jedem Jahr prophezeien
Schwarzseher eine Katastrophe. Wahrscheinlich haben sie Recht. Denn
selbst wenn, wie neueste Schätzungen vermuten lassen, das absolute
Wachstum in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter abnimmt,
führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei: Wir sind jetzt schon zu
viele, und wir werden immer mehr.
Die Folgen für die Menschheit werden dramatisch sein:
Naturkatastrophen, die der Klimawandel mit sich bringt, den wir
verursachen, durch rülpsende Kühe (die wir halten), Autos (die wir
fahren), durch was auch immer. Kriege als Konsequenz höchst
unterschiedlicher Verteilung der Lasten und Chancen, die sich aus dem
Bevölkerungswachstum ergeben. Migrationsbewegungen, gegen die die
Völkerwanderung als kollektiver Wochenendausflug erscheinen wird.
Ob all das kommt, ist eher keine Frage, unklar ist allenfalls: wann.
Und damit verbunden bleibt nur die Hoffnung, dass wir es nicht mehr
erleben werden - und unsere Kinder und Kindeskinder vielleicht auch
nicht. Daran allerdings könnten wir mitarbeiten - indem wir uns
gemeinsam eines Problems annähmen, das uns alle betrifft. Hier
allerdings liegt das globale Menscheits-Dilemma: Die derzeit 6,6
Milliarden Menschen sind 6,6 MilliardenIndividuen, mit jeweils
individuellen Vorstellungen von Leid und Glück, von Jetzt und
Zukunft. Und so schön es für den Menschen ist, wenn er statistisch
immer älter wird (das Durchschnittsalter der Weltbevölkerung wird in
den kommenden 40 Jahren um zehn auf knapp 40 Jahre steigen), um so
schlimmer ist dies für die Menschheit. Da ticken Insekten - im Sinne
der Arterhaltung - effektiver.
Dennoch sind Weltuntergangs-Szenarien fehl am Platz. Denn unsere
Probleme, unser Raubbau, unser Leben, unser Sterben sind der Welt
ziemlich egal. Sie braucht uns nicht. Sie hat die Dinosaurier kommen
und gehen sehen, den Säbelzahntiger, den Neandertaler. Sie wird uns
keine Träne nachweinen, wenn sie uns erst abgeschüttelt hat oder wir
uns selbst. Wir sind nur Gast auf Erden. Und nur, wenn wir uns
einigermaßen benehmen, dauert es vielleicht noch ein wenig, bis man
uns den Stuhl vor die kosmische Tür stellt.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung