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Westdeutsche Zeitung: Der Rücktritt von Beusts

Archivmeldung vom 19.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Merz weg, Koch weg, Rüttgers weg und nun auch Ole von Beust. Der CDU in Deutschland gehen die Köpfe aus. Während Merz und Koch in erster Linie dem innerparteilichen Machtkampf mit Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel zum Opfer gefallen sind, sind es bei Rüttgers und von Beust in erster Linie landespolitische Gründe, welche die Kapitäne von Bord gejagt haben. Rüttgers ist für Schwarz-Gelb im Land und für Schwarz-Gelb im Bund schlicht abgewählt worden.

Von Beust hingegen ist in der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene zermürbt worden. Dass er am Tag des Volksentscheids zurücktrat, in dem es um das wichtigste Projekt seiner Regierung ging, ist ein Indiz für die Zerrissenheit der CDU an der Alster. Der unter Christdemokraten ungeliebte grüne Partner, die ungeliebte Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem, die ewige Diskussion um die Führungsstärke von Beusts haben dessen hanseatisch-kaufmännischen Charakter deutlicher denn je zum Vorschein gebracht: Er zeigt Konsequenz. Seine Hamburger CDU steht nun vor stürmischen Zeiten. Der machtbewusste von Beust hinterlässt ein Vakuum, das sich sehr wahrscheinlich nur mit reichlich Turbulenzen wieder füllen lässt. Aber auch für die Bundes-CDU ist der Abschied von Beusts von der Macht ein weiterer herber Rückschlag. Der Hamburger ist einer der letzten wirklichen Köpfe in einer Partei, die in den vergangenen Jahren unter der Führung von Angela Merkel zunehmend an Profil verloren hat. Die Kanzlerin und CDU-Chefin war und ist offenbar nicht daran interessiert, andere Götter neben sich zu dulden. Das schadet einer politischen Kraft. Die Inhalte christlich-demokratischer Politik sind diffus, und nun fehlt noch einer, der über sein Dasein als Provinzfürst hinaus für die Partei hat sprechen können. Merz, Koch, Rüttgers, von Beust - die zweite Reihe der CDU dünnt zunehmend aus. Nachrücker wie Mappus in Baden-Württemberg und Bouffier in Hessen haben bisher nicht den Eindruck erweckt, die Lücken schließen zu können. Im nächsten Jahr werden vier Landtage sowie das Abgeordnetenhaus in Berlin und die Bremer Bürgerschaft gewählt. Angesichts des Personals in der Union droht Merkel eine beschleunigte Kanzlerdämmerung.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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