Das WESTFALEN-BLATT zur Krise an der Elfenbeinküste
Archivmeldung vom 07.12.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas westafrikanische Land Elfenbeinküste steckt in der politischen Krise. Zwei Politiker streiten um die Macht. Zunächst hatte eine unabhängige Wahlkommission den Oppositionspolitiker Alassane Ouattara zum Wahlsieger erklärt, worauf er sich zum Präsidenten vereidigen ließ. Dann weigerte sich der bisherige Präsident Laurent Gbagbo, seine Niederlage anzuerkennen und blieb im Amt. Jetzt hat die Elfenbeinküste zwei Präsidenten. Das Chaos ist perfekt.
Für die Außenwelt gilt Ouattara als legitimer Nachfolger Gbagbos. Die Afrikanische Union, die Europäische Union, die Vereinten Nationen, die USA, Frankreich und Deutschland haben Ouattara zum Wahlsieg gratuliert. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) meint, die unterlegene Seite müsse ihre Wahlniederlage demokratisch hinnehmen. Recht hat er - zumindest in Europa. In Afrika gelten leider oft andere Spielregeln. Was die Elfenbeinküste erlebt, ist symptomatisch für die Krise der Demokratie in Afrika: 14 Staatschefs sind bereits mehr als 20 Jahre an der Macht, viele halten sich durch Verfassungsänderungen unbegrenzt im Sattel. Das Militär, korrupte Potentaten und Oligarchen lassen sich nicht gern abwählen. Die Afrikaner reagieren meist gleichgültig und apathisch, demokratische Protestbewegungen entstehen kaum. Früher konnte man Afrikas politische Misere den europäischen Kolonialisten zuschreiben, doch heute gelten die afrikanischen Probleme als hausgemacht. Die Demokratie hat keine Chance, wenn Militärdiktatoren, Warlords und Milizen die Macht teilen. Inzwischen wird vom »zweiten Kolonialismus« durch die Herrschaft von Autokraten und Diktatoren gesprochen. Despoten wie Mobutu im Kongo, Al Baschir im Sudan und Mugabe in Simbabwe sind Prototypen dieser Alleinherrscher. Die Elfenbeinküste hat einen blutigen Bürgerkrieg überstanden und steckt in der Dauerkrise. Dennoch unterstützt die EU das Land mit 218 Millionen Euro bis 2013. Auch Deutschland gehört zu den Geberländern. Es fragt sich jedoch, ob die Entwicklungshilfe ein probates Mittel ist, Afrika wirtschaftlich, politisch und sozial voran zu bringen. Leider kommt vieles, was die Geberländer, die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds leisten, nicht beim Volk an. Korruption, Unterschlagung und Schlampereien verhindern jeglichen Fortschritt. Obendrein fördert das Samariterverhalten der Geberländer eine Sozialhilfementalität und schwächt die Motivation der Empfänger, eigne Anstrengungen zu unternehmen. Deshalb sollte man den Sinn der Entwicklungshilfe hinterfragen: Gelder, die an politisch verantwortungslose Regierungen gezahlt werden, eigenen sich zu Missbrauch und Verschwendung. Afrika braucht mehr Hilfe zur Selbsthilfe. Geldzahlungen ohne politische Auflagen helfen dem Kontinent nicht weiter.
Quelle: Westfalen-Blatt