Trierischer Volksfreund: Dreikönigstreffen der FDP
Archivmeldung vom 07.01.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittGuido Westerwelle hat seinen Kopf noch einmal aus der Schlinge gezogen. Aber der FDP-Vorsitzende bekommt nur eine Gnadenfrist. Niemand sollte in dem Hosianna von Stuttgart übersehen, dass sie genauso bereitwillig kreuzigt ihn rufen werden, wenn bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz aus fehlender Stimmung verlorene Stimmen geworden sein sollten.
Dass Westerwelle nicht ankündigte, im Mai beim Bundesparteitag erneut zu kandidieren, zeigt, wie wackelig seine Position ist. Und wenn es mit den Stimmen irgendwie reicht - eine erneute Regierungsbeteiligung in Stuttgart und der Einzug in den Mainzer Landtag sind dafür der Maßstab - wird doch die Stimmung nicht wieder zurückkommen, die der Vorsitzende so wunderbar vor der Bundestagswahl entfacht hatte.
Da fühlte sich die FDP als revolutionäre Partei, als Vertreterin der schweigenden Mehrheit, als deutsche Tea-Party-Bewegung. "Hier steht die Statue der Freiheit der Republik", rief Westerwelle 2007 auf einem Parteitag in Stuttgart in seiner üblichen Übertreibungsrhetorik aus. Dieses Gefühl hat er gestern zu reaktivieren versucht, weil der Baden-Württembergische Landesverband, mit dem Rücken zur Wand stehend, jetzt die Offensive braucht, nicht Selbstbespiegelung. Der Beifall des Dreikönigstreffens ist auch lokaler Art - Westerwelle sollte ihn für seine Zukunft als Bundesvorsitzender schon deshalb nicht überbewerten.
Das Schnauben dieses in Wahlkämpfen bewährten Schlachtrosses kann aber erkennbar nicht der Markenkern einer liberalen Partei sein, die Mitverantwortung tragen will. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Westerwelle intern ausgerechnet als Parteivorsitzender in Frage gestellt wird, in einem Amt, das er kann. Als Außenminister hingegen wirkt er wie neben sich gestellt. So wie die ganze FDP ihre neue Rolle als bürgerliche Regierungspartei noch immer nicht gefunden hat. Die Gewissheit, was liberal ist, wenn man nicht opponiert, sondern regiert, ist ihr verloren gegangen. Deswegen wird der bloße Austausch an der Spitze keine Lösung bringen.
Nur beim Thema Bürgerrechte ihrer Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist die Partei noch bei sich. Ansonsten schwankt sie zwischen Marktradikalität und "mitfühlendem Liberalismus" zwischen purem Lobbyismus und gutbürgerlicher Verantwortungsethik. Im Moment ist die FDP nicht Fisch, nicht Fleisch, nicht stabil und nicht kaputt, nicht führungslos und nicht geführt. Aber in den Augen der Wähler zunehmend entbehrlich. Für die Stabilität der Koalition und damit für Angela Merkels Regentschaft ist das höchst gefährlich.
Quelle: Trierischer Volksfreund