WAZ: Afrika und die G8: Baut die Schranken ab!
Archivmeldung vom 26.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAfrika wird in Heiligendamm wohl wieder herhalten müssen als Schmuddelkind der Globalisierung. Als Kontinent der Korruption und Krisen. Ein Fass ohne Boden, wie der afrikanische Intellektuelle und Wirtschaftswissenschaftler George Ayittey vorrechnet: Über 450 Milliarden Dollar an Entwicklungshilfe sind seit 1960 nach Afrika gepumpt worden, ohne erkennbares Ergebnis. Es ist, als ob ein Ahnungsloser einen Blinden führt.
Vieles wird derzeit neu gedacht in der Entwicklungshilfe und
-politik. Tabus werden gebrochen: Die Benefizaktionen von Bono, Bob
Geldof und Co. sind gut gemeint, doch völlig naiv, sagen immer mehr
Kritiker, die der Ansicht sind, dass mehr Geld Afrikas Probleme nicht
lösen wird.
In Heiligendamm ist die Armut Zaungast, wie auch sonst in der
großen Welt: Mickrige zwei Prozent des Welthandels weist Afrika auf -
das ist tragisch für diesen an Rohstoffen so reichen Kontinent. Ein
Niedergang ohne Gleichen: Noch 1960 konnte sich Afrika selbst
versorgen, heute müssen Lebensmittel für Millionen Dollar importiert
werden. Afrika ist bis heute ein billiger Rohstoff-Lieferant
geblieben. Verdient wird anderswo: Kaffeebohnen im Wert von 70
Milliarden US-Dollar werden weltweit verkauft, nur 5,5 Millionen
Dollar erhalten die Bauern.
Warum Afrika zuschauen muss, wie andere satt werden, hat mit den
Spielregeln der Weltwirtschaft zu tun. Mit Importbeschränkungen,
Zöllen und Subventionen haben Europa und Nordamerika ihre Märkte
abgeschottet. Würde Afrika seinen Beitrag zum Welthandel nur um einen
Prozentpunkt steigern können, brächte das Einnahmen von 70 Milliarden
Dollar, sagen Ökonomen. Wie chancenlos die afrikanischen Bauern in
Wirklichkeit sind, zeigen die amerikanischen Baumwoll-Subventionen:
Ein Pfund Baumwolle herzustellen kostet in Burkina Faso 21 Cent, in
den USA nahezu das Vierfache. Doch der weltweit größte Exporteur sind
die USA.
Aber trotz der Tragödie, die Aids in Afrika hervorruft, trotz der
Ungerechtigkeit im Welthandel ist es falsch, von einem hoffnungslosen
Fall zu sprechen. Es gibt sie, die Juwelen Afrikas. Ghanas Wirtschaft
etwa wächst um fünf bis sechs Prozent, dank politisch stabiler
Verhältnisse. Auch andere Staaten profitieren von ihrem Reichtum an
Öl oder Edelmetallen. Der Internationale Währungsfonds hat für dieses
Jahr vorhergesagt, dass Afrika stärker wächst als die Lateinamerika.
Was der Kontinent braucht, ist nicht Beileid, sondern einen Stuhl an
der reich gedeckten Tafel.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung