Börsen-Zeitung zum verkündeten Neuanfang der Deutschen Börse unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Theodor Weimer
Archivmeldung vom 22.02.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.02.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttEin großer Wurf oder gar Revolutionen seien nicht zu erwarten, eher "solide Hausmannskost". Der neue Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer hält den Ball flach mit Blick auf die überarbeitete Roadmap und Mittelfristplanung des Börsenbetreibers, die er Ende Mai beim Kapitalmarkttag präsentieren will. 2018 will Weimer zu einem "Jahr des Neuaufbruchs" machen.
Die Eckpunkte, die der ehemalige HypoVereinsbank-Chef nach seinen ersten sieben Wochen als neuer Börse-Vorstandsvorsitzender jetzt der Presse vorstellte, lassen bereits die neue Handschrift erkennen. Erstens eine Wachstumsstrategie, die noch konsequenter auf die Skalierbarkeit des Geschäfts abhebt und die Chancen des Datengeschäfts stärker nutzen will. Zweitens eine offensivere und transparentere Darstellung dieser Wachstumschancen, beispielsweise durch die von vier auf neun Segmente aufgebohrte Spartenberichterstattung. Damit erhöht er den Erfolgsdruck nach innen und gibt zugleich bisher eher weniger beachteten Geschäften eine erhöhte Wahrnehmung. Und drittens "ein wieder einvernehmliches Verhältnis mit unserem politischen und regulatorischen Umfeld".
In dem angesprochenen Umfeld wird man mit Genugtuung registrieren, dass Weimer als Konsequenz aus dem Brexit das Euro-Clearing nach Frankfurt ziehen will und die "einmalige Chance" sieht, eine glaubwürdige Alternative zum Standort London aufzubauen. Die ersten Erfolge des sogenannten Partnerschaftsprogramms für das Clearing von Zinsswaps lassen hoffen, auch wenn der Marktanteil von nunmehr 4% noch mickrig wirkt.
So klar Weimer nach der gescheiterten Fusion mit London weiteren "transformatorischen Deals" eine Absage erteilt, so deutlich verweist er auf die Notwendigkeit, nicht nur strukturell aus eigener Kraft, sondern auch durch Zukäufe zu wachsen. Ohne Gefährdung der Ratings steht hierfür immerhin eine finanzielle Feuerkraft von 1,3 Mrd. Euro zur Verfügung, zusätzlich zur höheren Ausschüttung und den fortgesetzten Aktienrückkäufen. Damit will Weimer mit der Deutschen Börse als weltweit viertgrößtem Börsenbetreiber Anschluss halten an die im Marktwert enteilten deutlich größeren CME und ICE und die Börse in Hongkong. Das sei wie mit Bayern München und Besiktas Instanbul, bemüht Fußballfreund Weimer vor der Presse, noch beeindruckt vom 5:0-Sieg der Münchener am Vorabend, den Vergleich mit der Champions League - und lässt offen, in welcher Rolle er derzeit die Deutsche Börse sieht.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Claus Döring