Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zum Streit um einen Buchtitel
Archivmeldung vom 31.03.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls kürzlich bekannt wurde, dass ein Sportverein gegen einen Buchtitel klagen wollte - hat da jemand laut gelacht? Diesem Impuls hätte man nachgeben können, aber das wäre falsch gewesen, denn die Angelegenheit ist nicht lustig. Sie ist peinlich. Sie ist gefährlich.
Peinlich für jene, die die Justiz bemühen, weil sie glauben, zwei Wörter - »Tödlicher Hermannslauf« - könnten eine starke Leistung zerstören. Gefährlich aber wird dieses kindische Verhalten, sollte sich irgendwann der erste Richter auf die Seite solcher Kläger stellen. Dann wäre es vorbei mit der Freiheit der Kunst, dann könnte jeder Wichtigtuer des Schriftstellers Text ins Feuer werfen, dem Schauspieler einen Maulkorb anlegen und dem Maler den Pinsel aus der Hand schlagen. Die Begründung für den Klageverzicht macht nun die Affäre vollends zur Blamage: Man habe Gnade vor Recht ergehen lassen, weil der Verleger und die Autorin dem Sportereignis nicht hätten schaden wollen. Hat da etwa jemand - ernsthaft - etwas anderes geglaubt? Es heißt, die Läufer hätten gelassen auf den Titel reagiert, so dass sich die Klage erübrige. Das zeigt uns, dass der Funktionär vom aktiven Sportler noch viel lernen muss. Der Kulturschaffende aber, in unserer Gesellschaft ohnehin wie ein Paria behandelt, wischt sich den Angstschweiß von der Stirn. Das hätte ins Auge gehen können. Wir sind noch einmal davongekommen.
Quelle: Westfalen-Blatt