Neues Deutschland: Schändung russischer Denkmäler in Tallin
Archivmeldung vom 30.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn man Russen zu besonders harschen Reaktionen reizen will, dann gibt es dafür eine unfehlbare Methode: Man schändet Denkmäler, die an die Befreiungstat der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg erinnern. In Tallinn, wo nach 60 Jahren ein Bronzesoldat nicht mehr an einer Bushaltestelle stehen konnte, ist das perfekt gelungen, und keiner in der estnischen Führung. kann sagen, er habe nicht geahnt, dass das zu einem Gewaltausbruch führen musste.
Bewusst provoziert wurde nicht nur der große Nachbar Russland, zu dem
ohnehin die Beziehungen nicht die besten sind, übel brüskiert wurden
auch die russischen Einwohner des Landes, die immerhin ein knappes
Drittel der Bevölkerung stellen. Noch immer nicht verheilte Wunden,
die die Einverleibung der baltischen Republiken in Stalins Reich
geschlagen hat, können keine Rechtfertigung sein. Demontiert soll die
Erinnerung an Tausende Sowjetsoldaten werden, die im Kampf gegen die
faschistische Barbarei ihr Leben ließen, und unter denen sich auch
viele Esten, Letten und Litauer befanden. Was in Estland geschieht,
ist pietätlos, unzivilisiert - und gefährlich.
Denn die Denkmalstürmerei in Tallinn zeugt nicht nur von einer
unakzeptablen Haltung zur Vergangenheit, sondern auch von einem
gestörten Verhältnis zu Gegenwart und Zukunft. Geschürt wird
antirussische Feindseligkeit, und das auf allerdümmste Weise. Die EU
sollte entschieden darauf reagieren. Doch wird sie es? Estland ist
nicht Russland oder Belorussland. Es ist ein Musterschüler im
Nordosten Großeuropas, auch wenn es dort ein wenig nach Apartheid
riecht.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland