Westdeutsche Zeitung: Hillary Clinton - die Besiegbare
Archivmeldung vom 05.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNun wird es interessant. Dass die bisher als haushohe Favoritin geltende Hillary Clinton bei den parteiinternen Abstimmungen in Iowa unterlag, verwundert weniger. Überraschend ist, dass sie hinter Barack Obama und Senator John Edwards nur auf dem dritten Platz landen konnte. Geradezu sensationell ist der Abstand, mit dem sich der afro-amerikanische Senator Obama von seiner Hauptrivalin absetzen konnte.
Obwohl dies kaum in jenen Delegiertenstimmen zu Buche schlagen wird, die ein Kandidat für die Nominierung durch seine Partei braucht, bewirkt der souveräne Sieg etwas viel Wichtigeres: Er zerstört den Nimbus einer unbesiegbaren Favoritin. Ihr Durchmarsch ist keineswegs mehr programmiert. In den Augen der amerikanischen Wähler ist Hillary Clinton auf einmal verwundbar, und das könnte ihr schwer zu schaffen machen. Sollte es Obama kommende Woche in New Hampshire gelingen, an den Sieg von Iowa anzuknüpfen, dann stünde die frühere erste Dame im Lande mit dem Rücken zur Wand. Sie müsste in den US-Südstaaten zum Angriff blasen, wird es dort aber nicht leicht haben. Denn konservative Wähler schenken ihre Stimme einem republikanischen Kandidaten. Unter den Demokraten hingegen befindet sich ein hoher Anteil schwarzer Wähler, die im Zweifelsfalle eher zu Obama neigen werden. Auch bei den Republikanern besteht die größte Überraschung nicht in der Person des Siegers, sondern ebenfalls in dem Abstand, mit dem sich Mike Huckabee von dem zweitplatzierten Mitt Romney distanzieren konnte. Entscheidend waren bei öffentlichen Auftritten neben seiner rhetorischen Begabung der trockene Humor, die zugängliche Art und insbesondere seine tiefreligiösen Werte, die für Huckabee aus der Politik nicht wegzudenken sind. Die Wähler von Iowa, sowohl Republikaner als auch Demokraten, haben ein unmissverständliches Signal geschickt: Sie wollen einen Wechsel in Washington. Sie wollen Wandel statt Kontinuität. Obama und Huckabee sind beides frische Gesichter, charismatische Politiker, die einen solchen Wechsel symbolisieren. Hillary Clinton hingegen, die zu Recht auf ihre politische Erfahrung hinweist, verkörpert eine Fortsetzung des Altbekannten.
Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Peter de Thier)