Rheinische Post: SPD am Scheideweg
Archivmeldung vom 05.07.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie große Koalition zeigt keine Risse mehr, sie zeigt Brüche. SPD-Chef Kurt Beck erläuterte gestern zwar noch werbend, freundlich und nett mit Kanzlerin Angela Merkel die Pläne für die gemeinsamen Gesundheitsreform. Doch hinter den Kulissen musste er schon seinen Leuten ein Warnsignal senden.
Marke: Beschädigt mich nicht zu sehr,
sonst kann ich euch nicht führen. Dass der Parteichef nach nur gut 50
Tagen im Amt um seine Autorität fürchtet, spricht Bände. Die SPD
leidet an der großen Koalition, weil sie Merkel nicht als Kanzlerin
wollte. Sie leidet, weil sie eigentlich auch ein Reformprojekt
"Merkel light" nicht will. Und sie leidet, weil sie noch immer nicht
geklärt hat, wie sie ihre alten Ideale in eine Welt, in der die
Gesetze der Globalisierung brutal den Rahmen vorgeben, rüber retten
will.
Fraktionschef Struck scheint jetzt nach der Devise zu verfahren "Ein
gemeinsamer Gegner stärkt die innere Harmonie". Er keilt inzwischen
im Ein-Wochen-Rhythmus gegen die Kanzlerin. Wenn er solche
Kraftgesten braucht, um den eigenen Laden zusammenzuhalten, spricht
das Bände. Dass Merkel allerdings selbst zu der jüngsten Zuspitzung
beitrug, indem sie - gelinde gesagt - verwirrende Signale zu einer
möglichen Steuererhöhung bei der Gesundheitsreform abgab, gehört zu
den harten Erkenntnissen dieser Woche. Die Lage der Koalition: ernst.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post