Rheinische Post: Kiel und die Dritte Gewalt
Archivmeldung vom 31.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWenn wie jetzt in Schleswig-Holstein die Dritte Gewalt der Ersten befiehlt, sich in spätestens zwei Jahren, zur Hälfte der Legislaturperiode, aufzulösen, ist das ein fundamentaler Vorgang, der weit über das nördlichste Bundesland hinausweist und staatsrechtlich problematisch erscheint.
Der Grundsatz von "judicial self restraint", von höchstrichterlicher Selbstbeschränkung, ist berührt, wenn dem Kieler Parlament, das wie der Bundestag kein gesetzliches Recht zur Selbstauflösung kennt, eben dies von sieben Landesverfassungsrichtern oktroyiert wird. Sie hätten besser daran getan, dem Gesetzgeber aufzutragen, ein verfassungsgemäßes Wahlrecht zu schaffen, das dann für die reguläre Wahl 2014 gegolten hätte. Zur anderen Seite der Medaille gehört der nun evident gewordene, gravierende Verstoß des Kieler Gesetzgebers gegen das Verfassungsprinzip der gleichen Wahl. Hier gab es im Hohen Haus an der Förde offensichtlich rechtspolitisches Versagen. Das nutzte bei der Landtagswahl Ende September 2009 Schwarz-Gelb, und es schadete der Opposition. Bürgern, die ohnehin ihr "Die-können-es-nicht"-Urteil beziehungsweise -Vorurteil über die Politik pflegen, wird ein Grund mehr dafür geliefert, der repräsentativen Demokratie zu misstrauen und sich außerparlamentarisch in Szene zu setzen.
Quelle: Rheinische Post