Neues Deutschland: zu Hartz IV
Archivmeldung vom 14.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Hartz IV-Reformen bedeuteten einen scharfen Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik. Wurde Erwerbslosigkeit bis dahin als gesellschaftliches Problem gesehen, machte man es fortan zu einem individuellen: Wer keine Arbeit findet, ist irgendwie auch selbst daran Schuld. Arbeitslose sind nun Leistungsempfänger und Bittsteller.
Wer sich dem strengen Regime nicht unterwirft, muss mit Sanktionen rechnen. Wer nicht gleich zum Arzt geht, einen Termin im Jobcenter versäumt oder sich weigert, einen demütigenden Ein-Euro-Job anzunehmen, wird bestraft. Hartz IV konterkariert die sozialen Entwicklungen der letzen Jahrzehnte. Die Sozialgesetze atmen den obrigkeitshörigen Geist des Wilhelminismus, den Mief von Werkbank und Kasernenhof, während Computertechnik und Internet unsere Produktionsweisen nachhaltig verändern. Die neuen Technologien haben Millionen »überflüssig« gemacht. Statt nun eine gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft der Arbeit anzustoßen, wird weiter »gefordert und gefördert«. Dabei scheint alle Welt längst begriffen zu haben, dass wir mittlerweile im Postfordismus angekommen sind. Es gibt nicht mehr genug Arbeit für alle. Nur SPD und Union weigern sich beharrlich, die Realität zu akzeptieren. Die immer strenger werdenden Sanktionen gegen Erwerbslose sind ein Zeichen ihrer Unsicherheit. Die Hartz IV-Gesetze müssen weg! Sie haben keine Existenzberechtigung, weil sie anachronistisch sind.
Quelle: Neues Deutschland