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WAZ: Bundestag befragt Joschka Fischer: Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit

Archivmeldung vom 15.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Im Parlament und auf den Marktplätzen machte der damalige Kanzler Gerhard Schröder unmissverständlich sein Nein zum völkerrechtswidrigen Irak-Krieg deutlich. Rot-Grün gewann die Bundestagswahl 2002. Auch Schröders Außenminister Joschka Fischer fand 2003 öffentlich klare Worte für den mittlerweile geschassten US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld.

Mit "ich bin nicht überzeugt", widersprach Fischer dem Bedrohungsszenario, der Strategie und den Zielen der US-Führung.

Zwei Top-Repräsentanten der rot-grünen Bundesregierung mussten gestern vor dem Untersuchungsausschuss zur Verschleppung des Deutsch-Libanesen el Masri aussagen. Eben Joschka Fischer und sein Amtsnachfolger Frank-Walter Steinmeier, unter Schröder Kanzleramtschef. Dabei ging es um die Klärung, ob die Regierung Schröder trotz aller medial vorgetragenen Gegnerschaft zum Irakkrieg eben doch in den rechtsstaatlichen Prinzipien widersprechenden Anti-Terror-Kampf der USA verwickelt war und ihre Fürsorgepflicht für Bundesbürger verletzt hat.

El Masri wurde in Mazedonien von der CIA festgesetzt, nach Afghanistan verschleppt, nach eigenen Angaben dort gefoltert und erst nach Monaten freigelassen. Wusste die Bundesregierung davon? Fischer und Steinmeier betonen "Nein", und dennoch bleiben Fragen offen. Das EU-Parlament untersucht die Verstrickungen von EU-Staaten in die US-Entführungspraxis. El Masri ist ein Fall unter vielen. Berlin hat Unterlagen als geheim eingestuft. Immer noch ist unklar, wer "Sam" war, der El Masri in Afghanistan verhörte. Sam ist möglicherweise Deutscher. Für Steinmeier stellt "Sam" das Problem dar. Als Kanzleramtschef war er der Kontrolleur der deutschen Geheimdienste. Er ist verantwortlich. Noch schwieriger könnte es demnächst werden. Ende 2001 entführten die USA in Pakistan den Bremer Türken Murat Kurnaz. Über vier Jahre saß Kurnaz im berüchtigten Lager Guanta´namo. Unschuldig. Doch bereits im Oktober 2002 sollen nach Medienberichten die Amerikaner der Bundesregierung die Freilassung von Kurnaz angeboten haben. Sie lehnte ab. Weshalb, weiß außer den Beteiligten niemand. Möglicherweise bringt erst das Bundesverfassungsgericht im kommenden Jahr Licht ins Dunkle. Karlsruhe könnte Berlin ermächtigen, aus Geheimunterlagen zu zitieren. Wahrscheinlich bringt das mehr als die Befragung durch einen Untersuchungsausschuss, dem sich Joschka Fischer virtuos zu entziehen weiß. Nicht nur für die Geschichtsbücher ist eine Klärung notwendig.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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